Mittwintervogelzählung 14./15. Januar 2017

Auswertung der Mittwinterzählung vom 14./15.01.2017

 

 

1. Zählgebiete, Zähler

 

- Datum der Zählung war am 14./15.01., überwiegend wurde am Sonnabend, den 14.01.
  gezählt, so dass Doppelzählungen und Überlagerungen weitgehend ausgeschlossen    werden konnten

- einzelne, meist kürzere Teilabschnitte wurden auch am Sonntag gezählt

- am Freitag musste auf einzelnen Teilstrecken die Zählung wegen heftigen Schneefalls

 abgebrochen werden

- insgesamt 15 Zählgebiete auf der Insel Usedom, dem angrenzenden Festland am Peenestrom und im Peenetal, die international festgelegt sind und eine sitecode- Nummer tragen, neu dazugekommen ist der Polder Pinnow, der im Rahmen einer Ausgleichsmaßnahme entstanden ist

- alle Zählgebiete wurden vollständig bearbeitet

- auf Usedom waren insgesamt 16 Mitglieder und Freunde der NABU- Regionalgruppe

  im Einsatz, Dank an alle Zähler für Mühe und Einsatzbereitschaft unter teils widrigen

  Bedingungen sowie für die gute Arbeit im Gelände, leider gab es einige Ausfälle, die v.a.  krankheitsbedingt waren, dadurch musste kurzfristig umgeplant werden, was bei der dünnen Personaldecke nicht ganz so einfach war

- Rückmeldung der Daten erfolgte innerhalb von knapp zwei Wochen, so dass die

  Endbearbeitung und Auswertung zügig abgeschlossen werden konnte

- außerdem dritter (von vier) nationaler Zähltermin für Gänse, für die gesonderte Zählbögen auszufüllen sind

 

 2. Wetterbedingungen

 

- erneut begann der Winter mild und so blieb es auch durchgängig bis zum Jahreswechsel

- Anfang Januar setzte sich langsam kältere Luft durch, am 05.01. tobte Sturmtief „Axel“,

  das nachfolgende Kaltluft brachte

- die Temperaturen blieben nachts im einstelligen Minusbereich, später auch am Tage

- das führte zu ersten Eisbildungen auf den Binnengewässern

- bin zum Zählwochenende waren dann alle Binnengewässer komplett zugefroren, auf dem

  Achterwasser gab es nur noch wenige Wasserlöcher, auch auf dem Peenestrom und dem  Haff setzte die Eisbildung ein, das Stettiner Haff fror etwa zur Hälfte zu, der Peenestrom im südlichen Teil vollständig, im nördlichen Teil weniger, die Ostsee blieb eisfrei

- es gab mehrfach, teils intensive Schneefälle, so dass sich eine geschlossene Schneedecke von etwa 5 cm ausbildete

- am Zählwochenende waren die Erfassungsbedingungen nicht schlecht, es gab an beidenTagen wechselnde Bewölkung mit Sonnenschein, wenig Wind und guter Sicht

 

 

3. Ergebnisse

 

- alle Zähler auf den Strecken im Binnenland wussten natürlich schon vorher um die

  Eisverhältnisse, so dass nicht unbedingt große Rastzahlen zu erwarten waren

- das Eis hatte leider kurz vor der Zählung große Mengen an Wasservögeln zum Abwandern gezwungen

- trotzdem suchte jeder Zähler sein bekanntes Gebiet auf, kein Gebiet war ganz ohne

  Wasservögel, sei es auf den verbliebenen Eislöchern oder auf dem Land (Gänse, Schwäne)

 - eine Menge Wasservögel war auf die nahe Ostseeküste ausgewichen, so gab es dort z. B. große Ansammlungen von Haubentauchern, die küstennah auf Fischfang gingen oder auch Tauchenten wie Schellenten, die zwischen den Buhnen nach Muscheln tauchten

- es kam aber auch zu ausgeprägten Winterfluchtbewegungen, v. a. bei Tauchenten (Reiher- und Bergente) sowie Sägern (Gänse- und Zwergsäger), letztere konnte auch während der Zählung noch beobachtet werden, als große Gruppen Gänsesäger nordwestwärts an der Küste entlangzogen und teilweise auf der Ostsee rasteten

 

 

 

- Jahr                          2015                           2016                           2017

 

  Gesamtzahl                 58338                         25656                         47706

 

                                   (Mildwinter)              (Eiswinter)                  (Eiswinter)

 

 

  Artenzahl                     49                               41                               48

 

  Aber z. B. 2013 nur 31 Arten, viele Arten kamen nur in geringen Anzahlen zur

  Beobachtung, wenige Arten dagegen in hohen Konzentrationen, für einen Eiswinter sind

  das sowohl sehr hohe Individuenzahlen als auch Artenzahlen, die vermutlich noch von der  vorausgegangenen lang andauernden milden Witterung herrühren

 

 - Schwerpunktgebiete

 

  Ostsee Ahlbeck bis Kölpinsee        13503 Ind.

  Ostsee Kölpinsee bis Karlshagen    12057 Ind.

  Peenestrom Süd                          6469 Ind.

  Peenestrom Mitte                         6184 Ind.

 

 

- häufigste Arten

 

                                2015                           2016                           2017

 

Gänsesäger                 4441                           1456                           6640  Konzentration sonst auf den inneren Küstengewässern, in diesem Jahr auf Grund der Eisbildung Flucht an die Außenküste, wo sie auch weitgehend verblieben und nicht nach Holland weitergezogen sind wie sonst oft in Eiswintern

 

Stockente                   9106                           4127                           5297

                                   Konzentration an der Außenküste u. am Peenestrom, für Eiswinter guter Rastbestand

 

Schellente                  5031                           1524                           4530

                                   Zahl entspricht fast Mildwinterverhältnissen, Ausweichen auf die Außenküste, Muschelnahrung

 

Eisente                       1460                           3947                           4355

                                   Meeresente, erneut sehr hohe Zahlen, auch bedingt durch günstige Beobachtungsumstände (gute Sicht), durch beginnende Balz auch                  akustisch gut wahrnehmbar

 

 

 - häufige Arten

 

                                   2015                           2016                           2017

  Erneut auch wieder die grauen Gänse mit hohen Rastzahlen trotz intensiven Schneefalls, der die Zugänglichkeit der Nahrung auf Wiesen und Äckern erschwerte

 

Graugans                    3794                           1727                           3923

                                   Graugans bestätigt damit die seit Jahren andauernde Tendenz zur Überwinterung auch unter ungünstigen Bedingungen

 

Saatgans                     3396                           1473                           2723

                                 Saatgans als recht winterharte nordische Gans, reiner Zugvogel

 

Blässgans                   4381                           1188                           2395

                                   Empfindlicher bei Kälte und Schnee als Saatgans, reagiert eher mit Abwanderung nach Westen, z. T. noch große Trupps im Gebiet, die aber ihrerseits durch Winterflucht aus östlichen Bereichen hierher gezogen sind und nach dem Wochenende die Insel wieder verlassen haben

 

Kormoran                    3159                           1737                           3976

                                   Überraschend ähnlich hohe Rastzahlen wie in Mildwinter,

                                   Abwanderung aus dem Binnenland (z. B. Schlafplatz Schmollensee) an die östliche Außenküste, im Norden nur sehr wenige, aber wieder

  verstärkte Tendenz zur Überwinterung nichtheimischer Kormorane

 

 

 

 

- deutlich mehr Vögel

 

                                   2015                           2016                           2017

                                   (Mildwinter)              (Eiswinter)                 (Eiswinter)

 

Mittelsäger                   371                             802                           1449

                                   Fisch fressende Art, auf die Meeresküsten beschränkt, hohe

                                   Konzentrationen um Koserow wohl nahrungsbedingt

 

Trauerente                    146                             262                            1788

                                   Meeresente, auf die Ostsee beschränkt, dort große Ansammlungenk üstennäher als sonst v a. im nördlichen Teil der Ostsee

 

Silbermöwe                   1281                             786                           1854

                                   Stark schwankende Beobachtungszahlen auch durch Nahrungssuche auf dem offenen Meer, in diesem Jahr jedoch große Ansammlungen

 am Strand bei Trassenheide, massenhafter Muschelanwurf nach Sturm

 

 

 

- gute Übereinstimmung

 

                                 2015                           2016                           2017

Haubentaucher             756                           2026                           1874

                                   Manchmal unter Eisverhältnissen bessere Erfassbarkeit durch das massenhafte Ausweichen auf die Ostsee als durch weiträumige Verteilung im Binnenland

 

Bergente                       2035                           767                             621

                                  Erneut fehlten die großen Rasttrupps am Peenemünder Haken

 

Reiherente                    8106                           959                             705

                        Muscheln fressende Art, rastet v. a. an den inneren Küstengewässern, Abwanderung durch die starke Vereisung

 

Mantelmöwe                129                             114                             165

                                   Jährliche Rastgröße entspricht wohl dem üblichen Winterbestand an der Usedomer Küste

 

Lachmöwe                  1094                             818                           1180

             Auch bei dieser Möwe entsprechen die jährlichen Zahlen wohl dem ökologisch tragbaren Winterbestand (Nahrung), Winterquartiere meist im westlichen Europa

 

Seeadler                         78                               68                               60

            Wohl teilweise abgewandert und den großen Wasservogelschwärmen nach Westen gefolgt, heimische Brutvögel bleiben aber, in den letzten Jahren blieb der Winterbestand immer deutlich unter 100 Vögel

 

                           

 

- deutlich weniger Vögel

 

                                   2015                           2016                           2017

                                   (Mildwinter)              (Eiswinter)                 (Eiswinter)

 

Graureiher                    222                               84                              110

                                   Im Vergleich zu Mildwinter nur halb so großer Rastbestand, wohl großräumige Winterflucht

 

Blässralle                      2120                             181                           1575

                              Art befand sich zur Zählung offenbar mitten in Zugbewegungen der Winterflucht, Nahrungssuche häufig an Buhnen der Ostsee

 

Höckerschwan               982                             502                             311

                                   Stark ausgeprägte Winterflucht, die auch noch während der Zählung bemerkbar war, als immer wieder küstenparallel Trupps nach Nordwesten zogen

 

Zwergsäger                  890                             802                             297

         Ausgeprägte Winterflucht war im Gegensatz zum Gänsesäger am Zählwochenende bereits abgeschlossen, Weiterzug nach Holland in das Winterquartier am Ijsselmeer

 

   

 

- Besonderheiten

 

In diesem Jahr gab es eine ganze Reihe besonderer Beobachtungen zu verzeichnen, die v. a. unter diesen Wetterverhältnissen nicht unbedingt zu erwarten gewesen waren.

 

Prachttaucher:                        1, Seetaucher, oft weitab der Küste

 

Silberreiher:               6, am Peenestrom und Stettiner Haff, sonst inzwischen fast ganzjährig häufiger Gast, in diesem Winter fast vollständige Abwanderung

 

Rohrdommel:             1, Beobachtungen dieses heimlichen Schilfbewohners glücken nur selten, zudem im Winter oft abgewandert

 

Mandarinente:                       5, immer wieder kleine Gruppen am Schloonsee, flugfähig, aber aus Gefangenschaft, da eigentlich asiatische Entenart

 

Kranich:                     1, in Westmecklenburg oft zu Hunderten überwinternd, hier im Osten nur ausnahmsweise

 

Überraschenderweise gab es auch von einigen Watvogelarten Winternachweise, die unter

diesen Bedingungen eigentlich in die Winterquartiere an der Nordsee abgezogen sind.

 

Austernfischer:          1, Ausnahmegast, nutzte den Muschelanwurf bei Karlshagen zur

                                       Nahrungssuche

 

Großer Brachvogel:   146, erneut wieder ein großer Rasttrupp auf den Sandbänken am   Peenemünder Haken, die noch nicht überfroren waren und so stocherfähigen Boden bot

 

Bekassine:                  3, je ein Nachweis am Haff und im Peenetal, Überwinterungsversuche sind bei uns eher selten

 

Alpenstrandläufer:     166, großer Rasttrupp am Peenemünder Haken

 

Sanderling:                 22, von dieser Limicole gelingen regelmäßiger Winternachweise, die Vögel nutzten ebenfalls der Muschelanwurf zur Nahrungssuche

 

Außerdem gelangen noch von folgenden Arten Nachweise:

 

Eisvogel:                    7, trotz des Frostes an mehreren offenen Wasserstellen ausharrend

 

Bartmeise:                  69, ungewöhnlich hohe Rastzahlen dieses Schilfbewohners, v. a. im Peenetal

 

Rohrammer:               4, nicht alljährlich überwinternd.

 

 

 

Autor: Bernd Schirmeister

 

 

Detailergebnisse

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