Die Gebietskulisse ist erfreulicherweise erneut umfangreicher geworden. Nachdem das Programm der OAMV in der NABU- Gruppe ausführlicher vorgestellt und beworben wurde, erklärten sich im vorigen Jahr gleich vier neue Teilnehmer bereit, eine Strecke zu bearbeiten, wobei zwei dieser Teilnehmer sich im vorigen Jahr schon einmal am
Wintervogelzählen ausprobiert hatten, teilweise jedoch auf anderen Strecken. Nun kam in diesem Jahr noch eine weitere Teilstrecke dazu.
Insgesamt wurden nun zehn Zählstrecken auf der Insel bearbeitet, von denen fünf seit 2010 Bestandteil des von der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft des Landes M-V initiierten Monitorings sind, um Genaueres über Vorkommen, Verteilung und Häufigkeit der bei uns überwinternden Vögel zu erfahren. Damit sind wir nun im 15. Erfassungsjahr, so dass eine Menge Daten vorliegen, die jeweils unter recht unterschiedlichen Bedingungen erhoben wurden. Diese Datenreihen sind wertvolle Arbeitsergebnisse, sind doch im Vergleich zur gut untersuchten Brutvogelfauna, Daten zur Verbreitung unserer Vögel im Winter bisher nicht systematisch erhoben worden. Durch die weitgehende Beibehaltung von fünf Zählstrecken über nun schon fünfzehn Jahre sind interessante Vergleiche möglich, die nun durch die fünf neuen Strecken auf interessante Weise ergänzt werden.
Die wichtigsten Lebensraumtypen Wald, Offenland und Siedlung werden durch die Zählungen abgedeckt.
Insgesamt waren zehn Mitglieder und Freunde der NABU- Regionalgruppe beteiligt, denen an dieser Stelle für ihren teils langjährigen Einsatz Dank ausgesprochen werden soll:
Siedlung:
Heringsdorf | K.-H. Loist, M. Kaste, C. Friedrich |
Bansin | B. Schirmeister |
Streckenlänge insgesamt | 8,750 km |
Wald: | |
zwischen Kölpinsee und Ückeritz | K. Räsch |
Streckenlänge insgesamt | 10,000 km |
Offenland: | |
auf dem Gnitz | K. Räsch |
im Thurbruch | B. Schirmeister |
Peenewiesen zwischen Peenemünde und Karlshagen | U. Gellendin |
Grünland zwischen Karlshagen und Trassenheide | J. Freitag |
Grün- und Ackerland sowie Eisenbahndamm bei Usedom Stadt | E.Schreiber |
Streckenlänge gesamt | 21,950 km |
Nach der von der OAMV vorgegebenen Anleitung waren je eine Zählung in den Monaten Januar und Februar in etwa vierwöchigem Abstand durchzuführen. Dieses Zeitfenster ließ sich auf Grund vielfältiger persönlicher Belange und Befindlichkeiten der Teilnehmer nicht immer ganz exakt einhalten.
Geachtet werden sollte auf möglichst günstige meteorologische Bedingungen, z. B. wenig Wind, kein Niederschlag, erwünscht Sonnenschein, weil dadurch natürlich die Aktivität der Vögel und damit ihre Erfassbarkeit beeinflusst wird. Die zu wählende Route sollte 3 bis 5 km lang sein, dabei sollte möglichst nur einer der o. g. Lebensraumtypen erfasst werden. Das lässt sich in der Praxis nicht immer ganz genau einhalten, da es gerade auf Usedom noch abwechslungsreiche und eng miteinander verzahnte Lebensräume gibt. Auf dieser Route waren alle Vögel zu erfassen, die eine Beziehung zum untersuchten Gebiet haben, d. h. überfliegende Vögel wurden u. U. nicht mitgezählt, wenn es sich eindeutig um Zug handelte und nicht um kleinräumige Ortswechsel oder Nahrungsflüge. Das Zählgebiet sollte dabei kartenmäßig innerhalb eines Messtischblattes liegen, um spätere überregionale Auswertungen zu erleichtern.
Der gesamte Spätherbst und Frühwinter verlief unter dem Einfluss atlantischer Tiefausläufer mild, häufig war es windig und sehr regnerisch. Auch der Jahreswechsel verlief mild. In der ersten Januarwoche trat jedoch ein Wetterwechsel ein, nach Durchzug eines Sturmtiefs strömte kurzzeitig kältere Polarluft ein, es gab Frost bis -5°C und an einem Tag Schneefall bis 2 cm. Zu Beginn der zweiten Januarwoche wurde es jedoch bereits wieder etwas milder mit positiven Tagestemperaturen im einstelligen Bereich und nachts um den Gefrierpunkt, oft trübe und dunstig.
Diese Wetterlage hielt bis zur Monatsmitte an, danach gab es unter Hochdruckeinfluss wieder etwas mehr Sonne, aber nachts auch erneut Frost bis zu -4°C. Danach gab es ein ständiges Auf und Ab der Temperaturen, unter Tiefdruckeinfluss im einstelligen Bereich über dem Gefrierpunkt mit häufigem Regen, unter Hochdruckeinfluss nachts im einstelligen Frostbereich und tags mit leichten Plusgraden und häufigem Nebel.
Zum Ende der ersten Februardekade setzte sich ein sehr stabiles Hochdruckgebiet durch, das nachts Frost bis -5°C brachte, tags stiegen die Temperaturen nur wenig über den Gefrierpunkt, also nochmal winterlich. Am 13.02. gab es kräftigen Schneefall, danach wurde es durch einfließende Polarluft richtig kalt, an der Küste nachts bis -7°C, im Binnenland (Anklam) bis -21°C, aber bis zu dem Zeitpunkt hatten alle Zähler ihre Aufgaben bewältigt.
Insgesamt wurden 22857 Vögel erfasst.
(2021:10658 Vögel, 2022: 12012 Vögel, 2023: 18947 Vögel, 2024: 18646 Vögel)
Dabei wurden bei der ersten Zählung im Januar 14564 Vögel und bei der zweiten Zählung im Februar 8293 Vögel registriert.
(2024: ausgeglichen 9478 bzw. 9168 Vögel)
Im Vergleich der letzten Jahre ist das ein deutlich höherer Wert, der v. a. durch die großen Ansammlungen nordischer Gänse im Thurbruch zustande kam.
Insgesamt wurden 72 Arten registriert. (2018: 68, 2019: 62, 2020: 64, 2021: 69, 2022: 59, 2023: 61, 2024: 65 Arten)
Ein hoher Wert, der überwiegend der bis zum Ende der Zählungen durchgängig milden Witterung zuzuschreiben ist. Dabei wurden bei Zählung 1 insgesamt 64 Arten und bei Zählung 2 insgesamt 66 Arten erfasst. Es gibt aber immer Fluktuationen, d. h. Artenwechsel. So wurden fünf Arten (Pfeifente, Habicht, Grünspecht, Schwanzmeise, Birkenzeisig) nur bei Zählung 1 und sieben Arten (Gänsesäger, Kornweihe, Lachmöwe, Seidenschwanz, Zilpzalp, Fichtenkreuzschnabel, Grauammer) nur bei Zählung 2 erfasst.
Die meisten typische Akteure des Winters wurden mit den Zählungen erfasst, gefehlt hat z. B. der Raufußbussard. Deren scheinbares Fehlen bedeutet jedoch nicht völlige Abwesenheit, die Zählungen sind immer nur Momentaufnahmen, oft schnelle und kurze Zufallsbeobachtungen, abhängig von Witterung, Zeitpunkt, Aktionsradius oder Aktivität des Vogels. Wenn z. B. der Habicht eine halbe Stunde vorher gekröpft hat, dann sitzt er gut gedeckt im Erlenbruch und entzieht sich dem Beobachter. Im Lebensraum Wald mit seinen eingeschränkten Sichtmöglichkeiten ist man stark auf Vogelstimmen angewiesen, wenn der Vogel aber gerade nichts sagt, entgeht er dem Hörnachweis und damit auch der Statistik. Oft bringt die zweite Zählung hier auch höhere Nachweiszahlen, da die Aktivität vieler Arten, besonders der früh balzenden wie Spechten, Kleibern oder Meisen stark zunimmt und sie dann auch mehr von sich hören lassen.
Viele der typischen Wintervogelarten wurden jedoch auch erneut beobachtet, dazu gehören die Meisenarten und Finkenvögel, im Grünland auch Gänse in teils hoher Anzahl. Das Gros der Vögel wurde erneut von wenigen Arten bzw. Artengruppen gebildet, das sind Krähenvögel, Meisen und Finken, daneben Drosselvögel und im Offenland Gänse. Besonders letztere zeigen, wie wenige Arten in hohen Zahlen das Gesamtergebnis auch beeinflussen können.
Viele Arten kamen oft nur in kleinen Gruppen oder Einzelexemplaren zur Beobachtung, aber gerade diese auch zu entdecken, macht oft den Reiz einer solchen Zählung aus, spornt den Ehrgeiz des Beobachters an, nachdem man die üblichen Verdächtigen über die Jahre recht gut kennengelernt hat oder wie die Neueinsteiger, nun gerade dabei ist. Bei Zählung 1 waren es 38 Arten, deren Anzahl unter 20 Ind. lag, bei Zählung 2 auch noch 35 solche Arten, also jeweils über die Hälfte der registrierten Arten. Diese sind nicht unbedingt selten, aber mit dem doch vergleichsweise kleinen Ausschnitt aus den winterlichen Landschaften der Insel nicht in größeren Anzahlen zu beobachten.
Eine Zunahme der Strecken ist jedoch nicht gleichbedeutend mit steigender Artenanzahl, da in einer geografischen Region mit ähnlichen Lebensräumen natürlich auch ein vergleichsweise ähnliches Artenspektrum erwartet und angetroffen werden kann.
Die recht große Gesamtzahl von Arten zeigt aber auch die Vielgestaltigkeit der untersuchten Lebensräume sowie deren Habitatqualität. Vor allem im Offenland zeigen sich aber auch große Probleme für die Vögel durch die ausgeräumte Kulturlandschaft, die an vielen Stellen kaum noch Strukturen aufweist, die den Vögeln Schutz, Deckung oder Nahrung bieten können. Ein Beispiel ist die Wacholderdrossel, die in größeren Anzahlen nur auf dem Gnitz und dem ehemaligen Bahndamm bei Usedom registriert wurde, weil es dort reichlich beerentragende Gehölze gibt, während die Art im Grünland weitgehend fehlte, weil es dort offenbar kaum ausreichend Nahrung für größere Anzahlen dieser typischen Winterart gab.
Manchmal ergeben sich jahrweise Unterschiede z.B. durch gefrorenen Boden, eher seltene Schneelagen, die Verfügbarkeit von Beerennahrung im Offenland, Störungen durch land- oder forstwirtschaftliche Arbeiten, Störungen durch Prädatoren, wenn z. B. jagende Seeadler gerade die Gänsemassen vertrieben haben.
Der Wald erwies sich mit 30 Arten (2022 und 2023: je 15, 2024: 26 Arten) ähnlich artenreich wie im Vorjahr, blieb aber trotzdem Schlusslicht, was aber nicht verwundern darf, bietet er doch im Winter nicht so vielen Vogelarten geeignete Lebensbedingungen. Im vergangenen Jahr gab es eine schwächere Mast bei der Buche mit nur mäßigem regionalem Fruchtbehang, der schnell konsumiert war. Späterhin wurden aber v.a. verschiedene Meisenarten und Wintergoldhähnchen, teils in umherziehenden Trupps, im Wald beobachtet, wie sie die an den Bäumen hängenden leeren Fruchthüllen intensiv absuchten. Offensichtlich verbergen sich darin Insekten oder deren überwinternde Entwicklungsstadien. Beerenfrüchte waren im Wald knapp, manche Arten wie z.B. Amseln oder Rotkehlchen wandern dann jahrweise in den Siedlungsraum mit besseren Bedingungen (Gärten, Vogelfütterungen, Komposthaufen). Erstaunlich ist das Fehlen der Haubenmeise auf der Usedomer Waldstrecke, die mit reinem Kiefernwald eigentlich das typische Habitat der Art darstellt.
In den Siedlungen bot sich ein differenziertes Bild, es wurden 39 Arten (2022: 33, 2023: 38, 2024: 32 Arten) beobachtet, also ein hoher Wert, wobei es gerade im Siedlungsraum häufig zur Vermischung von Arten aus verschiedenen Lebensräumen kommt. Dazu gehören z. B. Sperber, Wacholderdrossel, Kolkrabe, Eichelhäher, Haubenmeise, Gimpel, Fichtenkreuzschnabel, die dann in den Orten z.B. an Futterstellen Nahrung finden oder auch dort Kleinvögel jagen. Es gab keine Massenvorkommen bestimmter Arten, wie Finkenschwärme oder Ansammlungen von Ringeltauben oder Meisen in den Parks bei Buchenvollmast, auch in den Parks der Ortslagen (Buchenpark Bansin, Steinersberg Heringsdorf) trifft man auf Waldarten, die dort teilweise später auch brüten.
Die in der Tabelle aufgeführten Möwen ruhen häufig auf den Dächern der alten Villen, haben also einen Bezug zum Lebensraum. Auffällig waren die auf Grund des milden Wetters nur wenigen Futterstellen, so dass dort Konzentrationseffekte ausblieben.
Im Offenland wurden 60 Arten (2022: 52, 2023: 54, 2024: 53 Arten) gezählt, die höchste Artenzahl für einen der bearbeiteten Lebensräume, aber 2021 war es sogar noch eine Art mehr. Hier spielt natürlich die Habitatqualität eine entscheidende Rolle, ob ausgeräumte Agrarlandschaft oder strukturreiches Grünland ist für viele Arten der überlebenswichtige Unterschied.
Es braucht Deckung plus Nahrung, so bietet der Gnitz Randstrukturen der Erlenbrüche, zudem zahlreiche Hecken. Auf der Usedomer Zählstrecke ist der gesamte Eisenbahndamm von teils dichten und artenreichen Hecken gesäumt, was entsprechende Artenvielfalt und auch wie bei Amseln und Wacholderdrosseln Konzentrationseffekte bewirkt. Ist das der Fall, kann man dort natürlich auch Arten beobachten, die sonst eher im Wald oder auch in Siedlungen angetroffen werden können, wie z. B. Meisen, Amseln und selbst Wintergoldhähnchen, manchmal nur in einzelnen Individuen, was den Beobachter dann gelegentlich verwundert.
Hier müssen sich die ökologischen Kapazitäten im Artenspektrum der neu besetzten Strecken erst noch zeigen, so scheint eine der Karlshagener Strecken bisher sehr individuen- und artenarm zu sein. Zur Darstellung weiterer Zusammenhänge sei hier ausdrücklich auf die ausführliche Auswertung der Wintervogelzählung 2016 verwiesen.
Insgesamt kamen 16 Arten zur Beobachtung
(2022: 13, 2023: 12, 2024: 14 Arten)
Wasservögel sind allerdings auch nicht Zielarten des Programms, das es für diese Artengruppen andere Erfassungsprogramme gibt, z. B. im Rahmen der internationalen Mittwinterzählung, des europaweiten Gänsezensus oder des deutschlandweiten Wat- und Wasservogelzählprogramms, bei dem ganzjährig Daten an wichtigen Rastplätzen wie dem Peenemünder Haken oder in den Poldern des Peenetals erhoben werden.
Manchmal halten sich aber auch auf den Wiesengräben oder flächig überschwemmtem Grünland Graureiher, Pfeifenten und Höckerschwäne und andere Arten auf, die dann natürlich auf Grund des vorhandenen Bezugs zum Lebensraum miterfasst werden. Das kann selbst in Siedlungen der Fall sein, wie z. B. Möwen, die auf Dächern der alten Villen in den Seebädern ruhen (und später dort oft auch brüten) oder Stockenten, die in Parks Bucheckern fressen oder bei strengeren Frösten sich sogar an Futterstellen einfinden können.
Die offene Agrarlandschaft wird zudem von Gänsen zur Rast und Nahrungssuche genutzt, bei der ersten Zählung wurden vier Arten mit 9020 Ind. angetroffen, das sind fast 62% aller registrierten Vögel. Bei der zweiten Zählung waren es die gleichen vier Arten mit 3819 Ind., noch 46% aller nun erfassten Vögel. Diese Zahlen zeigen deutlich, wie einzelne Arten die Gesamtergebnisse solcher Zählungen stark dominieren können. Gänse nutzen die Agrarlandschaft überwiegend umtriebsmäßig, um die vorhandenen Nahrungsressourcen nicht zu übernutzen. Das erklärt die starke Abnahme aller vier Arten im Vergleich beider Zählungen, bei der Blässgans z. B. von 3440 auf 1900 Ind..
Die angebauten Kulturen spielen bei diesem Verhalten eine wichtige Rolle. Im Herbst werden v.a. auf abgeernteten Maisschlägen die energiereichen Körner gefressen, Saatgänse nutzen auch gern Wintergetreide. Maisfelder stehen jedoch oft nicht lange zur Verfügung, weil bald wieder landwirtschaftliche Arbeiten auf diesen Flächen erfolgen.
Dabei müssen nicht unbedingt Gänse verblieben sein, sondern es kann einen kompletten Populationswechsel gegeben haben, was man durch ihr plötzliches tagelanges Fehlen am besten feststellen kann. Die Gänse wandern dann ab dem Spätherbst nach und nach ins Dauergrünland ein, sie fressen dort die energiereichen Grasspitzen, die bei hohem Fraßdruck durch viele Gänse bald abgeweidet sind. Nun kommt es zu klein- und manchmal auch großräumigeren Verlagerungen der Gänseschwärme auf der Suche nach den ergiebigsten Nahrungsquellen. So kann es passieren, dass ein Wiesenkomplex, der tage- oder sogar wochenlang durch Gänse frequentiert war, plötzlich fast gänseleer ist. Wenn das Gras wieder nachgewachsen ist, tauchen sie auch dort plötzlich wieder in großer Zahl auf. Bei größerer Kälte oder Schneelagen wandern viele Gänse auch ins wintermilde Westeuropa ab, anhand der mit farbigen Halsbändern markierten Gänse lassen sich diese Wanderwege und die Aufenthaltsorte der Gänse manchmal gut verfolgen.
Noch extremer sind diese Ortsverlagerungen während des Frühjahrszuges in die Brutgebiete, wo sie dem aufwachsenden Gras folgen, so dass immer die energiereichste Nahrungsquelle zur Verfügung steht. Dabei kann es v.a. im Baltikum noch zu längeren Rastaufenthalten kommen, weil sich die Tiere auch Fettreserven für den langen Weiterflug anfressen müssen. Die spätere Ankunft im arktischen Brutgebiet fällt dann schließlich auch dort mit der Schneeschmelze und dem aufsprießenden Gras zusammen.
Beim Kranich - insgesamt 106 Ind.- (2022: 46, 2023: 23, 2024: 27 Ind.) kam es zu durchgängigen Überwinterungen, die sich bereits bei der Mittwinterzählung im Januar abzeichnete. Eine in den letzten Jahren immer häufiger zu beobachtende landesweite Tendenz. Im atlantischer geprägten Westteil des Landes sind es sogar schon Trupps, die hunderte Kraniche umfassen können. Teilweise hatten auch bei uns, z. B. im Thurbruch, die Brutpaare ihre angestammten Reviere gar nicht verlassen und konnten sogar noch mit ihren vorjährigen Jungen beobachtet werden.
Insgesamt kamen erfreuliche 8 Arten zur Beobachtung (2022: 7, 2023 und 2024: 6 Arten). Die nachfolgenden Zahlen in Klammern mit Schrägstrich geben jeweils die Anzahl bei der ersten bzw. zweiten Zählung registrierten Individuen an.
Häufigste Art war in diesem Jahr nicht der Mäusebussard mit 19 Ind. (2021: 26, 2022: 12, 2023: 15, 2024: 18 Ind.) und recht ausgeglichener Verteilung bei beiden Zählungen (8/11). Offenbar war es erneut kein besonders mäusereiches Jahr, denn auffällige Ansammlungen wurden in der Agrarlandschaft nirgendwo beobachtet.
Seeadler sind insgesamt 20 beobachtet worden (2022: 14, 2023: 15, 2024: 19 Ind.). Eine Feststellung, die man auch im Rahmen anderer Exkursionen immer wieder macht - man sieht mehr Seeadler als Mäusebussarde. Die Zahl der Brutpaare ist auch auf Usedom und dem angrenzenden Festland anhaltend hoch, fast jährlich kommen neue Brutreviere hinzu, manchmal an störungsbeeinflussten, suboptimalen Stellen, aber die optimalen Reviere sind alle besetzt. Teilweise kommt es immer wieder zu Konzentrationen an Gewässern und in der Agrarlandschaft v.a. von Jungadlern, die z. B. Gänse gemeinsam jagen. Ablesungen beringter Adler zeigen einen weiten Einzugsbereich der bei uns überwinternden Adler aus ganz Mecklenburg-Vorpommern, den angrenzenden Bundesländern und auch aus den Anrainerstaaten der Ostsee.
Regelmäßig im Winter tritt bei uns noch der Sperber auf, wie 2022 mit 7 Ind. (2023: 3 Ind.), der als fast reiner Vogeljäger besonders in Ortschaften unter den zahlreichen Kleinvögeln erfolgreich Beute macht. So wurden in der Ortslage Bansin bei der ersten Zählung allein drei Sperber beobachtet (je ein ad. Männchen und Weibchen, ein immat. Weibchen, also keine Doppelzählungen). Aber auch im Offenland trifft man diesen Schleichjäger an. Unsere heimischen Sperber sind überwiegend Zugvögel, die hier im Winter anwesenden Sperber stammen überwiegend aus Skandinavien und dem Baltikum, wie durch Ringfunde belegt ist.
Der Rotmilan, 11 (5/6) Ind. - erneut ein hoher Wert auf nur fünf Offenlandstrecken (2022: 4, 2023: 1, 2024: 12 Ind.). Früher fast reiner Zugvogel mit Winterquartieren in Spanien und Südfrankreich, heute gibt es z. B. in Sachsen in jedem Winter bereits kopfstarke Schlafplätze. Aber diese Tendenz ist auch hier infolge milderer Winter unübersehbar, denn zur Mittwinterzählung wurden sogar 17 Rotmilane beobachtet. Bei den beobachteten Vögeln kann es sich zumindest teilweise auch schon um frühe Heimkehrer handeln, durchgängige Beobachtungen z. B. im Thurbruch belegen aber auch Überwinterungen, teilweise sogar von Paaren.
Raufußbussarde gab es nicht, dafür aber wieder einmal eine Kornweihe (ad. Männchen im Thurbruch), die die winterliche Landschaft enorm beleben und Kleinsäuger sowie Singvögel jagen. An Schlafplätzen können sich mehrere überwinternde Kornweihen einfinden (z. B. NP Müritz, unteres Peenetal). Die Kornweihen kommen aus Skandinavien oder östlichen Regionen, als Brutvogel ist sie aus Mecklenburg-Vorpommern verschwunden.
Nach jahrweisen Fehlen von Sichtbeobachtungen wurden in diesem Jahr auch wieder 3 (3/0) Habichte beobachtet. Habichte sind fast reine Vogeljäger, wobei es die größeren Weibchen durchaus mit der Jagd auf Blässgänse versuchen. Ortschaften werden aber überwiegend gemieden, aber nicht immer, wie die Beobachtung in Heringsdorf zeigt.
Ein besonderes Erlebnis sind immer Beobachtungen von Wanderfalken (2/0). Nach jahrelang nur Durchzugs- und Winterbeobachtungen brütet die Art inzwischen auch wieder in Mecklenburg-Vorpommern und erfreulicherweise nach 50jähriger Abwesenheit sogar seit einigen Jahren erfolgreich wieder auf der Insel Usedom. Bei dem Wanderfalken von der Usedomer Zählstrecke kann es sich durchaus um einen der Brutpartner gehandelt haben. Im Thurbruch rasten Wanderfalken den ganzen Winter über, entziehen sich aber auch immer wieder der Beobachtung. So überwintert dort ein auswärtiges Paar, von denen ein Falke einen grünen Farbring trägt (Kennzeichnung der nach dem Aussterben in den 60er Jahren wieder neu begründeten mitteleuropäischen Baumbrüterpopulation), der bisher leider auf Grund der großen Scheu der Falken noch nicht abgelesen werden konnte.
Ringeltauben kamen insgesamt 409 (241/168) zur Beobachtung (2022: 169, 2023: 288, 2024: 187 Ind.), ein sehr hoher Wert. Sie wurde auf neun von zehn Zählstrecken angetroffen, also weit verbreitet und bei 16 von 18 Zählungen auch mit hoher Stetigkeit. Vor allem Eicheln und anfangs Bucheckern in den Wäldern und Parks standen reichlich zur Verfügung. Ob die hohen Zahlen allein heimische Ringeltauben betreffen oder auch Durchzügler, muss offen bleiben.
Häufigster Specht war erwartungsgemäß der Buntspecht mit 71 Ind. (31/40), (2022: 33, 2023: 37, 2024: 73 Ind.), ein ähnlich hoher Wert wie im Vorjahr, der aber auch aus der Zunahme der bearbeiteten Waldstrecken resultiert. Die Verteilung bei den Zählungen zeigt, dass die Spechtreviere auch im Winter zuverlässig besetzt sind, wenngleich in einigen Zählgebieten durchaus Unterschiede zwischen den Zählungen bestanden, die aber erfassungsbedingt sein können. Im Februar steigt allerdings die Aktivität mit verstärkter Balz und dem arttypischen Trommeln der Vögel, so dass sie dann wieder besser zu erfassen sind, was sich auch leicht im Zahlenverhältnis 31 zu 40 Buntspechten zeigt.
Mit dem Kleinspecht (2/2) kam eine weitere Spechtart dazu, die in den letzten Jahren leider immer seltener beobachtet wird, auch als Brutvogel.
Dazu noch ein Grünspecht in Heringsdorf, ein besonderes Erlebnis für die Beobachter, eine Art mit allerdings deutlich zunehmender Tendenz. Vor allem während der Balz im zeitigen Frühjahr sind die laut lachend klingenden Rufe oft weithin aus den Revieren zu hören.
Krähenvögel wurden in allen untersuchten Lebensräumen angetroffen, was für die hohe ökologische Anpassungsfähigkeit dieser Artengruppe spricht. Erneut wurden sechs verschiedene Arten gesehen.
Die Art mit der höchsten Stetigkeit und weitesten Verbreitung ist die Nebelkrähe mit 1064 (737/327) Ind., (2023:1370, 2024: 886 Ind.). Die Winterbestände sind schwankend, was sich auch in der Besetzung des Schlafplatzes in Bansin zeigte (469/157), woraus überwiegend die Abnahme bei der zweiten Zählung resultierte. Der Einzugsbereich dieses Schlafplatzes liegt überwiegend im Thurbruch sowie in der Agrarlandschaft von Pudagla über Balm bis in den Lieper Winkel. Das belegen Beobachtungen des morgendlichen Abfluges vom Schlafplatz sowie Tagesbeobachtungen in der Umgebung. Weitere Schlafplätze dieser geselligen Art liegen am Kölpinsee, bei Zinnowitz und im polnischen Swinemünde. Ob es zwischen diesen Schlafplätzen Austauschbewegungen gibt (auch zwischen Saatkrähen und Dohlen), ist unbekannt.
Die Nebelkrähe als Nahrungsopportunist weiß viele verschiedene Lebensräume und Nahrungsquellen zu nutzen, vom Spülsaum am Strand, zum Komposthaufen im Ort, über Äcker und Wiesen in der Agrarlandschaft, Waldrändern, bis hin zum überfahrenen Wild am Straßenrand.
Saatkrähen kommen auf Usedom nur noch als Wintergäste v.a. aus dem Baltikum und Osteuropa vor. Die ehemalige große Kolonie im Wolgaster Stadtgebiet ist schon lange erloschen, auch Umsiedlungen auf stadtnahe Inselbereiche blieben nicht erfolgreich. Die nächste beständige Kolonie befindet sich in Anklam. Mit 2328 Ind. (2024: 2892 Ind.) ist sie nach den Gänsen die häufigste Art, bei der ersten Zählung waren es 1396 und bei der zweiten 942 Ind. Dieser Unterschied resultiert wie bei der Nebelkrähe aus den Verhältnissen am Bansiner Schlafplatz (1200/650). Der Schlafplatz wurde erst sehr spät im Dezember besetzt (2010er Jahre im Oktober, 2020er Jahre im November), dafür waren sie oft schon Mitte Februar wieder vollständig abgezogen. Nicht so in diesem Jahr, die stärkere Frostperiode im Februar mit Schnee hatte größere Populationsanteile noch zum Bleiben veranlasst. Von Bansin verteilen sich die Saatkrähen ganz überwiegend in der näheren Agrarlandschaft, z.B. im Thurbruch, wie direkt beobachtete An- und Abflüge gezeigt haben. Aber der Einzugsbereich geht weiter als bei der Nebelkrähe bis in den Inselsüden in den Usedomer Winkel.
Dohlen sind bei uns sehr seltene Brutvögel. Wichtigste Brutplätze in der Region sind die Reste der Karniner Hubbrücke, wo es eine Kolonie von ca. 15 Brutpaaren gibt und die Kirche in Lassan mit 10- 12 Brutpaaren. Diese Dohlen erfahren im Winter Verstärkung v.a. aus östlichen Regionen. Im Winter sind sie oft mit Saatkrähen vergesellschaftet und nutzen gemeinsame Nahrungsgebiete in der Agrarlandschaft und Schlafplätze.
Die hohen Zahlen in Bansin resultieren aus dem wieder besetzten Schlafplatz im Ort. Insgesamt 692 Ind. (382/310 Ind., davon Bansin 350/220 Ind.) (2024: 881 Ind.) zeigten eine ähnliche späte Schlafplatzbesetzung wie die Saatkrähe. Beide Arten ziehen, schlafen und suchen auch Nahrung gemeinsam. So traf man die morgens am Schlafplatz gezählten Dohlen später im Thurbruch z.T. bei der Nahrungssuche im Grünland wieder. Auffällig ist das scheinbar völlige Fehlen in anderen Offenlandgebieten, gibt es in unserer Kulturlandschaft nirgendwo weiter Dohlen?
Zu dieser Vogelgruppe gehören auch die vorstehend gesondert besprochenen Krähenvögel. Singvögel sind die artenreichste Gruppe und stellen mit 41 Arten (2021 und 2023 je: 30, 2022: 27, 2024: 32 Arten) über die Hälfte aller registrierten Arten. Manche Arten werden dabei oft nur in Einzelexemplaren registriert oder fehlen jahrweise.
Drosseln, Meisen und Finken bildeten die zahlenmäßig stärksten Gruppen, einige Beispiele sollen das erläutern:
Amseln wurden 299 (181/118) gezählt (2022: 133, 2023: 192, 2024: 178 Ind.), ein sehr hoher Wert. Dabei wurden in Ortschaften 92 Amseln beobachtet, mit deutlich stärkeren Schwankungen zwischen den Zählungen als im Vorjahr, die eventuell auch witterungsbedingt sein können (Heringsdorf zweite Zählung bei starkem Wind und Frost). Im Wald waren es 43 Amseln und im Offenland 164, wobei davon allein 68 Ind. auf den ehemaligen Eisenbahndamm mit seinen beerentragenden Gehölzen entfielen. Dagegen im Offenland des Thurbruchs nur 9 Ind.
Rotkehlchen waren es wie im Vorjahr insgesamt 48 (18/30), (2021: 48, 2022: 39 , 2023/24 je 37 Ind.). Die recht versteckt lebende Art lässt sich am besten durch ihre Rufe nachweisen, v.a. in den Ortschaften waren Rotkehlchen auf den Zählstrecken regelmäßig anzutreffen. Dabei handelt es sich jedoch in den meisten Fällen nicht um unsere heimische Brutpopulation, die in Südeuropa überwintert, sondern um Zuzug aus nördlichen und östlichen Regionen. Die Rotkehlchen besetzen hier dann ein Winterrevier, dass vehement gegen Artgenossen verteidigt wird, so wird man auch kaum mal zwei Rotkehlchen am Futterhaus antreffen.
Wintergoldhähnchen waren es erstaunliche 309 Ind. (131/178), eine hohe Anzahl der kleinsten Vögel Europas, die zeigt, dass sie hier den Winter gut überleben können. Dabei ziehen die Wintergoldhähnchen v.a. in Nadelwäldern in Gruppen ständig auf der Suche nach Nahrung (kleinste Insekten und deren Entwicklungsstadien) umher. Charakteristisch wird dabei pickend im Geäst oder auch fast kolibliartig schwirrend vor den Zweigen mögliche Beute fixiert. Bei diesen Wintergoldhähnchen handelt es sich fast ausschließlich um Wintergäste aus den großen skandinavischen Nadelwäldern. Die jährlichen Zahlen schwanken stark, z. B. 2015 und 2016 nur 23 bzw. 28 Ind., aber 2018 auch 99 und 2024 92 Ind.
Die Kohlmeise ist neben Amsel und Nebelkrähe die Art mit der höchsten Stetigkeit, kein Zähler kam ohne Kohlmeisen nach Hause. Insgesamt wurden 928 (433/495) Kohlmeisen registriert (2022: 535, 2023: 858, 2024: 737 Ind.), der höchste Wert der letzten Jahre. Dabei wurden in den Siedlungen (zwei Strecken) 257, im Wald (drei Strecken) 424 und im Offenland (fünf Strecken) 247 Kohlmeisen gezählt. Ein Indiz auch für die hohe ökologische Anpassungsfähigkeit der Art. In Siedlungen werden Futterstellen genutzt, aber auch intensiv altes Laub gedreht und gewendet, um überwinternde Insekten zu finden. Im Wald waren es ebenfalls der Boden, aber auch die alten Schalen der Bucheckern an den Bäumen, die nach Insekten abgesucht wurden. Im Offenland braucht es Strukturen wie Sträucher und Hecken, Baumgruppen zum Schutz und für die Nahrungssuche. Eine gute Übereinstimmung ergab sich in Heringsdorf zwischen erster und zweiter Zählung (38/30) und auch bei Usedom (21/17), wobei das natürlich keineswegs die gleichen Kohlmeisen sein müssen.
Blaumeisen wurden 282 Ind. (123/159) gezählt, (2021: 203, 2022: 113, 2023: 199, 2024: 239 Ind.), wie bei der Kohlmeise ein Höchstwert der letzten Jahre und wie im Vorjahr etwa ein Drittel des Kohlmeisenbestandes. Stetigkeit ebenfalls 100%, kein Zähler ohne Blaumeisen. Hier waren es in den Siedlungen 98, im Wald 81 und im Offenland 103 Ind., also eine ungefähre Gleichverteilung in den Lebensraumtypen. Im Wald bilden die Blaumeisen oft gemischte Schwärme mit Kohlmeisen und weiteren Arten. Die Unterschiede zwischen den beiden Zählungen waren teils sehr groß und zeigten keine Tendenz, da die Art auf der Suche nach Nahrung ständig umherzieht.
Die anderen Meisenarten traten in deutlich geringeren Anzahlen auf:
Beim Bestimmen dieser Arten ist man in hohem Maße auf die Kenntnis der Stimmen (Rufe, Kontaktlaute, Gesang) angewiesen, da sie sich optisch, v. a. im Wald, häufig der Beobachtung entziehen.
Zaunkönige kamen insgesamt 58 Ind. (24/34) zur Beobachtung (2021: 37, 2022: 32, 2023: 33, 2024: 40 Ind.). Nach relativ konstanten Winterbeständen dieses kleinen Vogels gab es in diesem Jahr eine deutliche Zunahme. Dabei wurden in Siedlungen 22, im Wald mit 11 erstaunlich wenige und im Offenland 25 Ind. beobachtet, wobei der Zaunkönig im Offenland natürlich auf beigemischte Gehölzstrukturen angewiesen ist. Die ungleiche Verteilung bei beiden Zählungen kann erfassungsbedingt sein, dabei beherbergt unsere Region sowohl nordische Überwinterer (Netzfänge auf der Greifswalder Oie, Ringfund in Peenemünde) als auch angestammte Reviervögel.
Haussperlinge wurden 557 erfasst (2021: 609, 2022: 625, 2023: 683, 2024: 641 Ind.). Die Art ist ja ausschließlich auf Ortschaften und deren Randlagen beschränkt. Im Laufe der Zeit lernt man die bevorzugten Aufenthaltsorte der Vögel gut kennen. Oft sind das Bereiche mit dichten Hecken, die Schutz bieten und auch zum Schlafen genutzt werden. Dabei sind die Sperlinge sehr flexibel, in Bansin sind es häufig Bereiche an der Promenade, die auch vom Menschen stark frequentiert werden (Fütterung). Bei kaltem Ostwind sucht man die Spatzen dann dort jedoch vergeblich, weil sie andere Plätze mit mehr Windschutz aufsuchen.
Die vergleichbaren Zahlen aus den letzten Jahren verblüffen schon ein wenig, dieselben Verdächtigen können es kaum in jedem Jahr sein, denn im Winter leben die Ortssperber fast ausschließlich von Haussperlingen, Katzen- und Verkehrsopfer sowie die natürliche Mortalität tun ein Übriges. Trotzdem scheint die hiesige Sperlingspopulation gut in der Lage zu sein, diese Verluste durch entsprechenden Bruterfolg wieder auszugleichen, so dass die Zahlen sowohl die hiesige Brutpopulation als auch den Bruterfolg abbilden. Dafür spricht auch die wie in den Vorjahren ausgeglichene Verteilung bei beiden Zählungen (265/292). Ob die niedrigeren Zahlen dieses Jahres tatsächlich eine Abnahme darstellen, wie sie in anderen Regionen durchaus beobachtet wird, müssen nachfolgende Erfassungen zeigen.
Erschreckend ist der nach wie vor sehr geringe Bestand des Feldsperlings (2021: 30, 2022: 12, 2023: 33, 2024: 18 Ind.) mit nur 35 Ind. Eine sehr geringe Zahl, in Ortschaften gibt es offenbar im Gegensatz zu früher (Heringsdorf) gar keine Feldsperlinge mehr. In der offenen Agrarlandschaft trifft man kaum auf Feldsperlinge, Ausnahme Thurbruch mit allein 30 von insgesamt 35 Ind. Kein gutes Indiz für die Qualität der Landschaft. Vergleichbare Ergebnisse zeigten sich auch bei von der FG Greifswald langjährig betreuten WiVoZä-Strecken: kaum noch Feldsperlinge und ein krasses Missverhältnis zur Zahl der Haussperlinge. Brutmäßig unterliegen sie offenbar der Konkurrenz mit dem Haussperling, wie eigene Beobachtungen an einer Nistkastenpopulation in Bansin zeigten.
Grünfinken wurden 159 Ind. (86/73) beobachtet, (2020: 322, 2021: 138, 2022: 168, 2023: 131, 2024: 102 Ind.), ein mittlerer Wert. Die Art tritt konzentrierter in den Ortschaften auf (92 Ind.), wo sie an Futterstellen ein häufiger Gast ist. Aber auch im Offenland trifft man die Art in geringerer Zahl an, wo sie als Körnerfresser Nahrung findet. Ob die jahrweise stark schwankenden Zahlen im deutschlandweiten Grünfinkensterben zu suchen sind oder natürliche Populationsschwankungen darstellen, muss wie bei der Blaumeise, offen bleiben.
Erlenzeisige wurden 1030 Ind. (638/392) registriert, (2020: 1048, 2021: 96, 2022: 478, 2023: 1409, 2024: 214 Ind.). Der hohe diesjährige Wert ordnet sich in die jahrweisen starken Schwankungen ein, die ausschließlich nahrungsbedingt sind. Erlen hatten wieder reichlich gefruchtet, so dass die Art bei 13 von 20 Zählungen beobachtet wurde. Die starken Schwankungen zur zweiten Zählung deuten auf Umherstreifen oder Weiterzug hin, wenn die Erlensamen abgeerntet sind, zieht die Karawane weiter. Dabei sind diese Erlenzeisige ausschließlich Wintergäste v.a. aus den skandinavischen Weiten und Nordosteuropa, denn als Brutvogel ist die Art hier selten mit stark lückiger Verbreitung.
Ähnlich war es um den Birkenzeisig mit jedoch nur 13 Ind. (ein Trupp im Thurbruch) bestellt, einem jahrweise häufig auftretenden Wintergast aus Skandinavien, der jedoch im Gegensatz zu seinem Verwandten fast völlig fehlte. Die Zahlen schwanken zwischen 0 Ind. (z. B. 2022) und 9 Ind. (2023), aber auch 2018 194 Ind. (Einflug).
Goldammern wurden insgesamt 70 Ind. (18/52) gesehen, (2020: 15, 2021: 24, 2022: 105, 2023: 92, 2024: 13 Ind.), eine nach den stark schwankenden Zahlen der Vorjahre erfreulich hohe Anzahl. Davon allein 49 Ind. (7/42) auf der Offenlandstrecke auf dem Gnitz, die zeigt, wie manchmal einzelne Orte oder Trupps großen Einfluss auf das Gesamtergebnis haben können. Goldammern schließen sich im Winter oft zu Trupps zusammen, um im Offenland in Ruderalvegetation oder an Viehhaltungen Sämereien zu fressen.
Hier gab es erneut einige interessante Beobachtungen, wobei nicht alle Arten zum typischen Spektrum der Wintervögel gehören.
Kiebitz: 18 Ind., (2022: 21, 2023: 7, 2024: 19 Ind.),
Mitte Januar zur Mittwinterzählung kamen sogar schon 319 Kiebitze zur Beobachtung. Die milden Winter verstärken frühen Heimzug oder sogar Überwinterungstendenzen bei dieser Art.
Seidenschwanz: 1 Ind.
Einer macht noch keinen Einflug, den es schon seit mehreren Jahren nicht mehr gab, aber immerhin, erst gehört, dann auch kurz fliegend gesehen, am Ortsrand von Bansin. Die hübschen Seidenschwänze sind Bewohner des hohen Nordens, wo sie auch im Winter bleiben, außer wenn sie fehlende Beerennahrung (v.a. Vogelbeeren) in großen Scharen zu weiten invasionsartigen Wanderungen zwingt, die ganz Mitteleuropa überziehen können. Im Mittelalter wurde dieses unregelmäßige Massenerscheinen als Vorbote kommenden Unglücks gesehen.
Zilpzalp: 1 Ind.
Die größte Überraschung bei der diesjährigen WiVoZä, in einer Hecke am Rande des Thurbruchs ließ sich dieser (eigentliche) Frühlingsbote ausgiebig beobachten. Auch bei den WiVoZä in Greifswald gab es einen Nachweis des Zilpzalps.
Bachstelze: 8 Ind. (1/7),
Ähnlich überraschend wie der Zilpzalp. Nachdem schon bei der Mittwinterzählung im Januar 5 Ind. im Thurbruch beobachtet wurden, waren es jetzt sogar insgesamt 8, davon ein Trupp von 7 Bachstelzen bei der zweiten Zählung auf einer gefrorenen Pfütze, wo sie nach kleinen Insekten pickten.
Sommergoldhähnchen: 2 Ind.,
Sommergoldhähnchen im Winter? Ja, gibt es, wie schon im Vorjahr zwei Ind., wobei es in diesem Jahr dasselbe Ind. betraf, ein singendes Männchen, das sein Revier in der großen Blautanne meines Nachbarn schon im Januar bezogen hatte. Als Brutvogel zeigen Sommergoldhähnchen im Gegensatz zum Wintergoldhähnchen eine deutlich zunehmende Tendenz und so mehren sich vielleicht auch Überwinterungen, die ohne gezielte Nachsuche auf Grund der heimlichen und unauffälligen Lebensweise vielfach unentdeckt bleiben würden.
Raubwürger: 2,
Immer ein Highlight für jeden Beobachter. Als Brutvogel bei uns leider verschwunden. Es sind skandinavische Durchzügler, die im Winter v. a. ausgedehnte Wiesenlandschaften besiedeln und dort Mäuse oder Kleinvögel jagen. Die fehlenden Beobachtungen bei der zweiten Zählung deuten auf frühen Abzug hin oder großräumigere Ortswechsel auf Grund der Nahrungssituation.
Grauammer: 2 Ind.
Eigentlich nicht untypisch für den Winter kann sie ähnlich wie die Goldammer an nahrungsreichen Plätzen (Ruderalvegetation mit samentragenden Stauden, Häfen mit Getreideumschlag) teils kopfstarke Ansammlungen bilden. Das ist in der hiesigen Landschaft offenbar nicht der Fall, so dass je eine Grauammer im Thurbruch und auf dem Gnitz die Beobachter erfreuten.
Bericht und Auswertung: Bernd Schirmeister
Fotos (wenn nicht anders beschriftet): Bernd Schirmeister, Jana Freitag