Liebe Mitglieder unserer Regionalgruppe, liebe Gäste!
Ich habe hier ein Foto für Euch, ein Stieglitz-Nest: dieses Foto ist ja völlig unspektakulär, denkt Ihr sicher. Das kann ich gut verstehen. Und doch ist es für mich etwas ganz besonderes: Unsere Familie hat in diesem Jahr ein Jahr mit den Stieglitzen erleben dürfen. Vor ein paar Wochen, nachdem die Blätter von den Bäumen gefallen waren und ich dieses Nest fotografierte, dachte ich: „Schade, ich habe so viel Freude daran gehabt, und es gibt keine Möglichkeit, diese Freude zu teilen, anderen davon zu erzählen“.
Tja, und da fiel mir unsere Weihnachtsfeier ein. Hier sitzen etliche, die nicht einfach weglaufen können …
Nein, ich denke, Ihr habt auch Freude daran zu hören, was wir mit den Stieglitzen erlebten.
Im Frühling bemerkte ich, dass unsere Birke im Garten zur Bühne eines Stieglitz-Pärchens geworden ist. Sie sangen und sangen und erzählten fröhlich plätschernd den lieben langen Tag, es war ein klarer Tages-Rhythmus zu erkennen. So wurde mir irgendwann klar, dass sie bei uns auf dem Hof ihr Nest haben müssen. Nur wo? Das blieb lange ein Rätsel. So ist das mit den Nestern ja auch gedacht. Sie sollen nicht gleich erkennbar sein. Letztendlich haben unsere Stieglitz-Eltern ohne dass wir das Nest entdeckten, mindestens zwei Bruten hochgebracht.
Manchen von Euch klingeln schon die Ohren: ja, Ihr habt Recht: wir haben im (fast) vergangenen Jahr den Stieglitz als Vogel des Jahres gehabt. Das fiel mir dann später auch ein. Und witziger weise fielen mir dann auch etliche Parallelen meines Jahres der Stieglitze mit dem Jahr in unserer Regionalgruppe auf.
Nun aber erst mal wieder zu unserer Regionalgruppe: Wieder geht ein Jahr zu Ende. Wir haben uns hier versammelt, um uns gemeinsam über ein erfolgreich bewältigtes Naturschutz-Jahr zu freuen. Viel haben wir vorgehabt. Haben wir auch viel geschafft?
Schon drängt sich mir der Vergleich mit den Stieglitzen auf: Wenn ich nicht genau hingehört und hingeguckt hätte, hätte ich nichts davon mitbekommen, dass da neues Leben heranwächst.
So manches in unserer Regionalgruppe lief wieder still und friedlich, ohne viel Aufheben zu machen ab. Kaum einer würde registrieren, dass da Arbeit drin steckt:
Wir haben unsere regelmäßigen Arbeitsberatungen gehalten, mit der satzungsgemäßen Mitgliederversammlung im März, wir haben uns im Vorstand getroffen, wir haben uns um die Anfragen nach Stellungnahmen gekümmert, einzelne auch geschrieben. Hier ist die Stellungnahme zur geplanten Regenentwässerung in Ahlbeck zu erwähnen. Die wird uns sicher noch weiter beschäftigen. Wir haben uns um verschiedenste Anfragen aus der Bevölkerung zum weiten Thema Naturschutz gekümmert, haben unsere Satzung überarbeitet und in der Mitgliederversammlung verabschiedet und unsere Homepage betreut. Letzteres leider nur auf Sparflamme. Marisa gibt sich zwar große Mühe, es im Blick zu behalten, dass wir Artikel schreiben wollen, aber die Zuarbeit ist schwierig. Das alles hört sich hier vielleicht sehr eintönig an, war im Einzelnen manchmal aber doch recht aufwühlend und für den Betreffenden manchmal auch spektakulär. Und wenn es nur ein Seeadler ist, den ich in Ückeritz aus dem Geäst einer Kiefer gepflückt habe.
Ähnlich ist es mit den Stieglitzen: wenn ich Euch jetzt hier aufzählen würde, was sie jeden Tag so gemacht haben, würde Euch das schnell langweilen: Singen, fliegen, zwitschern, von einem Ast zum anderen fliegen, die Kinder füttern, singen, fliegen, zwitschern, füttern, und so weiter und so fort…
Wenn man die Arbeit, die die Mitglieder unserer Regionalgruppe immer und immer wieder erledigen, aufzählt und mit dem vergleicht, was in den Jahren vorher lief, könnte es einem auch monoton anmuten. Aber so wie durch das scheinbar eintönige Getue der Stieglitze die nächste Generation heranwächst, erwachsen aus der Arbeit unserer Mitglieder im Lauf der vielen Jahre Wissen, Erfahrung, Daten, Betreuung vieler Interessierter Menschen und manchmal werden auch neue Mitglieder für den NABU, für die Naturschutzarbeit geworben.
Ich zähle die lange Liste einfach mal auf: Wir haben das Brutgeschehen und die Bruterfolge bei den Weißstörchen erfasst, das gleiche bei den Kormoranen. Die Storchen-Beobachter vor Ort wurden betreut, die Horste kontrolliert und dafür gesorgt, dass sie in Ordnung sind.
Das regelmäßige Monitoring wurde durchgeführt: Die Erfassung des Wasservogelbestandes am Peenemünder Haken, auch das dortige Brutvogel-Monitoring, die nationalen Gänsezähltermine konnten wir trotz schwindender Kräfte wahrnehmen und an der Mittwinter-Küstenvogel-Zählung haben wir wieder erfolgreich teilgenommen. Auch das Brut- und Rastvogelmonitoring in den Poldern des Peenetals wurde von unseren Mitgliedern bewältigt.
Wir meldeten Erstankunftsdaten der Zugvögel und beteiligten uns an der Wintervogelzählung. An der Stunde der Gartenvögel und an der Stunde der Wintervögel haben Mitglieder von uns teilgenommen oder wir haben Bekannte und Freunde ermutigt, daran teilzunehmen.
Und einige von uns haben sich um die Ringe gekümmert: Sie wurden bei Möwen, Gänsen und Schwänen abgelesen und in die entsprechenden Programme eingegeben.
Sehr Vogel-lastig? Ja, unseren Ursprung in der AG Ornithologie können wir nicht leugnen. Jedoch ist das, was ich hier aufzähle, nur die offizielle Spitze des Eisberges. In verschiedensten Zusammenhängen haben wir uns um Flora und Fauna und um die allgemeinen ökologischen Zusammenhänge gekümmert. Und die Orchideenwiesen waren nicht sicher vor uns: Die Bestände auf dem Gnitz, in Kölpinsee und in Ahlbeck wurden erfasst und teilweise auch von uns betreut.
Nun schwirrt Euch wahrscheinlich der Kopf von meinen langen Aufzählungen. Ähnlich ging es mir manchmal mit meinen Stieglitzen. Die haben einfach keine Ruhe gegeben. Doch, einmal schon: Da war ich ganz irritiert: Da hörte der Stieglitz dort auf dem Ast plötzlich auf zu zwitschern. Er wurde ganz still. Und wer Stieglitze kennt, der weiß, dass das fast unmöglich scheint. Da ich meinen schweigenden Stieglitz so anstaunte, konnte ich auch sehen, dass sein Köpfchen sich langsam senkte und er mit dem Schnabel auf dem Ast zur Ruhe kam. In dieser Haltung blieb er einige Augenblicke. Und dann ging es wieder los: Er kam zu Besinnung, fing wieder an zu zwitschern und verschwand dort, wo ich das Nest vermutete.
So, wie unser Stieglitz seinen Sekundenschlaf brauchte, so brauchen wir als Gruppe auch Zeiten der Erholung. Und die nahmen wir uns auch.
Wie in jedem Jahr verknüpften wir unsere Mai-Versammlung mit einer Exkursion auf der Südspitze des Gnitz mit einem gemütlichen Abend bei Frau Hannemann. Auch in diesem Jahr feierten wir ein Sommerfest, wieder mit toller Rundumbetreuung von Ralf und Petra Wehner in Karnin, wieder trafen wir uns zur September-Versammlung im Wisentgehege zum Grill-und Lagerfeuer-Abend, haben die Gastfreundschaft von Dirk und Angela Weichbrodt genossen und heute haben wir wieder unsere Weihnachtsfeier mit Gästen. Da sammelt man dann wieder Kraft und Ideen für neue Taten.
Ja, tatkräftig ging es auch zu: Beim Arbeitseinsatz auf dem Herrendamm und bei dem, den die Untere Naturschutzbehörde auf dem Gnitz organisierte, wurde kräftig mit angepackt.
Auch die Weiterbildung kam nicht zu kurz: Nicht nur auf dem Gnitz führten wir eine Exkursion durch, auch unsere jährliche Botanik-Exkursion war wieder ein Erfolg: Die Orchideenwiese bei Gützkow war dieses Mal unser Ziel. Eine Wiese, die in ihrer damaligen Artenvielfalt Professor Suckow zu Studentenzeiten mit auf die Spur zum Thema Biodiversität verhalf. Schön wäre, wenn wir unser Wissen und Können in Sachen Botanik weiter ausweiten und weitergeben könnten. Solche Exkursionen helfen wenigstens ein bisschen. Im September fand dann auch noch die Fahrt zur Insel Oie statt, die für die Beteiligten ein voller Erfolg war. Leider konnten einige von uns wegen der Einschulungen im Lande nicht dran teilnehmen.
Schule: Ja, die Betreuung von Kindern in Sachen Naturschutz ist uns sehr wichtig. Manch einer von uns kümmert sich darum im Beruf und im persönlichen Umfeld. Gerne würden wir mehr machen, aber dazu reichen unsere zeitlichen und personellen Kapazitäten nicht. Aber in diesem Jahr konnten wir eine Schulklasse finanziell unterstützen, die sich im Naturschutz betätigen wollte. So hat diese neunte Klasse des Humboldt-Gymnasiums in Greifswald in einem mehrtägigen Einsatz eine Fläche bei Altwarp von Schlehen und anderem Aufwuchs befreit….Wir haben auch eine Spende an die NABU-Stiftung gegeben, um zum Erwerb von Flächen im Peenetal beizutragen.
Der Stieglitz ist ein kunterbunter Vogel. Vielleicht ist man beim NABU deshalb darauf gekommen, eine Aktion: „Bunte Meter für Deutschland“ im letzten Jahr ins Leben zu rufen. Nicht nur dieser Vogel braucht bunte Landschaften. Das brauche ich Euch nicht zu sagen. Nur in Vielfalt kann das Leben wirklich gedeihen. Und so wie das Jahr unserer NABU-Regionalgruppe bunt und vielfältig war, so vielfältig sind auch unsere Mitglieder. Und so will ich Euch allen von Herzen danken, egal, wer wie viel und was auch immer geleistet hat.
Ihr wisst, dass ich an dieser Stelle nicht so gern den Einzelnen besonders hervor hebe, obwohl so manches hervorzuheben wäre Nur wollen wir irgendwann dann auch mal essen. Keiner in unserer Gruppe drückt sich vor der Arbeit. Der eine oder die andere war vielleicht einfach nur dabei, packte aus unterschiedlichen Gründen aber kaum mit an. Seid sicher: auch das tut schon gut. Und vielleicht finden einzelne ja doch eine Lücke, wo sie die anderen unterstützen können. Deswegen sage ich hier nun jedem einmal Danke: Bernd Schirmeister, Brigitte Arnold, Brigitte Schmurr, Dirk Weichbrodt, Harald Jürgens, Jochen Hellmuth, Jutta Lucht, Ludwig Jonas weit in der Ferne, Marisa Kaster, Olaf Wenzel, Ralf Wehner, Thomas Eschenauer, Werner Scheibelt, Werner Schnapp, Winfried Becker, Wolfgang Nehls. Ich hoffe, ich habe niemanden vergessen. Auch Karl-Heinz Loist, Torsten Lauth und Klaus Behn gilt unser Dank.
Da hatten wir nun diesen Stieglitz im Garten, der dort mit Sicherheit brütete. Nur: Wo war das Nest? Oh, wie habe ich unsere Birke abgesucht. Ja, ihr habt Recht: Bei einem belaubten Baum ist das ziemlich witzlos. Dann aber vermutete ich das Nest in der Birne auf dem Nachbargrundstück, dort wohin mein Stieglitz nach seinem Sekundenschlaf verschwand. Und siehe da, nachdem die Blätter von den Bäumen gefallen sind, konnte ich es dann ja auch sehen. Mich piekste ja nur die Tatsache, dass dieser Birnbaum nicht auf unserem Grundstück stand, sondern auf dem Nachbargrundstück. Aber ist es so nicht eigentlich richtig? Man muss doch nicht alles alleine haben. Unsere Nachbarn haben sich riesig gefreut: An den Stieglitzen, die sie vorher gar nicht kannten und daran, dass das Nest bei ihnen ist.
Und für uns als Regionalgruppe ist es gut, wichtig und richtig, dass wir unsere Arbeit nicht allein machen, sondern in Zusammenarbeit. In Zusammenarbeit mit den Behörden, anderen Naturschutzverbänden und anderen interessierten. Wir können uns glücklich schätzen, dass diese Zusammenarbeit seit vielen Jahren gut klappt. Auch dafür möchte ich mich bedanken: Zuerst bei den Mitarbeitern der Unteren Naturschutzbehörde Herrn Weier und Frau Schreiber.
Herr Adolphi von der Forst kann leider nicht hier sein und lässt herzlich grüßen. Ich danke den Mitarbeitern des Naturpark Insel Usedom, hier vertreten durch Frau Runze. Herr Wigger ist leider familiär verhindert und lässt ebenfalls herzlich grüßen. Auch mit dem BUND auf der Insel und dem Rotary-Club ist eine gute Zusammenarbeit jederzeit möglich.
Besonders erwähnen möchte ich noch die Mitglieder des „Vereins Naturschutzzentrum“, hier vertreten durch Herrn Kerstan, Herrn Gähme und Herrn Haase. Sie haben im vergangenen Jahr, ja eigentlich in den vergangenen zwei Jahren zu Ihrer ohnehin bewundernswerten Arbeit Dinge bewältigt, die nach wie vor sprachlos machen. Die Turbulenzen und Planungen und Das Hin und Her der BIMA um die eventuelle Renovierung und den Umbau des Hauses haben unwahrscheinlich viel Kraft gekostet. Hut ab! davor, dass Sie es durchgestanden haben und dass Sie trotzdem mutig weiter machen. Auch etliche Mitarbeiter unserer Regionalgruppe haben dabei einiges an Zeit und Kraft investiert. Wir können nur hoffen, dass es hier im Haus weiter sachlich und Schritt für Schritt vorwärts geht. Einen großen Schritt haben Sie ja mit der Neugestaltung hier unten schon gemacht.
Wir haben viel geschafft im letzten Jahr. Dumm ist nur, dass wir alle nicht jünger werden. Und so müssen wir der Tatsache ins Auge schauen, dass manch einem die Kräfte schwinden. Nach ungezählten Jahren wird Werner Scheibelt nicht mehr der Schirmherr über die Störche der Umgebung sein. Wie es da weiter geht? Das werden wir heute nicht klären. Heute ist Feiern dran.
Wir gehen auf ein neues Jahr zu. Der Waldkauz als Vogel des Jahres wird uns begleiten. Aber die Stieglitze sind dann ja nicht automatisch verschwunden. Wie schön! Ob bei uns auf dem Hof wieder ein Pärchen brüten wird? Wer weiß! Sicher weiß ich, dass es wieder neue Abenteuer mit der Natur geben wird.
Und für uns als NABU-Regionalgruppe bin ich sicher, dass wir auch im kommenden Jahr viel erleben werden und viel schaffen werden. Ich bin deshalb so sicher, weil Ihr einfach eine tolle Gruppe seid. Und da, wo Menschen sich ins Zeug legen, kann auch gut was gelingen.
In diesem Sinne lasst uns jetzt frohen Mutes all das Leckere genießen, was da aufgetischt wurde. Ich danke allen, die zum reich gedeckten Tisch mit beigetragen haben. Guten Appetit!