Arbeitseinsätze gehen nur in Präsenz. Das war nun endlich wieder möglich und so trafen sich 11 Mitglieder und Freunde der Usedomer NABU-Regionalgruppe am Herrendamm. Nachdem wir zwei Jahre pandemiebedingt nichts tun konnten, sollte es nun wieder an die Pflege der dort wachsenden Kopfweiden gehen.
Klaus Behn aus Ückeritz hat über viele Jahre immer wieder Bäume am Herrendamm gepflanzt. Das ist ein beliebter Rad- und Wanderweg, der durch die Niedermoorwiesen zwischen Achterwasser und B111 führt. Klaus Behn ist ein erfolgreicher Imker und so liegt ihm natürlich die frühe Nektarversorgung der bei steigenden Temperaturen ausfliegenden Bienen besonders am Herzen. Dazu hat er v. a. verschiedenen Weidenarten an beiden Seiten des Herrendammes gepflanzt, die inzwischen zu stattlicher Größe herangewachsen sind. Die am Damm verlaufenden Gräben versorgen die Bäume auch bei sommerlicher Trockenheit mit ausreichend Wasser. Neben Weiden hat Klaus Behn aber auch verschiedene Obstgehölze wie Wildäpfel, Birnen und Pflaumen ausgepflanzt, blühend sind sie ebenfalls eine wichtige Nektarquelle für Insekten, aber später mit ihren Früchten auch für viele andere Wildtiere interessant.
Allerdings müssen diese Bäume vor einem Neubürger geschützt werden, sonst war alle Arbeit umsonst. Seit einigen Jahren besiedeln Biber die Insel Usedom und ihre Umgebung Flächen deckend. Auch im Grabensystem am Herrendamm sind sie heimisch. Am nahe gelegenen Hafen Stagnieß befindet sich eine große Biberburg. Diesem pelzigen Nager kämen die Weiden mit ihrem weichen Holz gerade recht. Also müssen alle Anpflanzungen mit Draht oder Kunststoffmanschetten umwickelt werden, damit der Biber die Bäume nicht fällen kann, zur Freude der Nahrung suchenden Bienen. Allen kann man es wieder mal nicht recht machen.
Da wir uns zum Teil längere Zeit nicht gesehen hatten, gab es am Treffpunkt in Neu Pudagla erstmal eine Menge zu erzählen. Aber wir waren ja zum Arbeiten gekommen.
Bei den Weiden gibt es nämlich noch einen anderen interessanten Aspekt. Die langen und biegsamen Ruten der Bäume wurden früher vielseitig verarbeitet, u. a. als Flechtwerk für Körbe und Kiepen oder bei Fachwerkbauten, um dem zum Verputzen verwendeten Lehm guten Halt zu geben. Somit sind Weiden auch Zeugnisse des menschlichen Wirkens in unserer Kulturlandschaft. Auch wenn manches Handwerk leider nicht mehr so verbreitet ist, gehören Weiden doch nach wie vor zu unserer Landschaft. Jedoch, wenn sie nicht gepflegt werden, also regelmäßig geschnitten und auf den Stock gesetzt werden, wachsen die Triebe immer länger aus. Im Laufe der Jahre bilden sich gewaltige Seitenäste, die irgendwann bei Stürmen oder unter ihrer eigenen Last zusammenbrechen.
Durch diese (früher Nutz-) heute Pflegeschnitte bilden die Weiden ihren charakteristischen, Namen gebenden Kopf aus. Dieser Kopf wird im Laufe des Jahres immer dicker, es bilden sich Höhlen, die Insekten, Vögeln und auch kleineren Säugetieren Schutz, Unterschlupf und auch Brutmöglichkeiten bieten.
An dieser Aufgabe arbeiten wir am Herrendamm schon etliche Jahre.
Wir packten das Equipment aus, das aus Leitern, Astscheren, Äxten, Sägen und v. a. Motorsägen bestand. Die Gespräche verstummten, denn nun übernahmen die Motorsägen vorübergehend die Konversation.
Bald fielen die ersten dicken Äste krachend zu Boden. Und bald zeigte die Weide ihren schönen Bubikopf.
Wie gut sie wieder austreiben, konnten wir an nahestehenden Bäumen sehen, die wir vor ein paar Jahren geschnitten hatten.
Der hoch oben auf dem Kopf des Baumes stehende Sägeführer sägte sich einmal ringsherum durch das teils dichte Astwerk.
Darauf wartete schon das fleißige Bodenpersonal, um die dünnen Äste zu entfernen und die dicken Stücke transportfertig auf Länge zu schneiden. Die dünneren Äste und Zweige wurden an Ort und Stelle aufgeschichtet, quasi als Totholzhecke, die ebenfalls für viele Tiere eine ökologische Nische bildet. Für das dicke Holz gab es eine bei Weiden früher ebenfalls weit verbreitete Nutzung, nämlich als Brennholz für den Kamin, in Anbetracht der stark gestiegenen Energiepreise eine sowohl nachhaltige als auch ökonomisch sinnvolle Verwertung des anfallenden Holzes.
Nicht nur der Arbeitseinsatz war gut durchorganisiert, auch die Pause. Edeltraut Schmurr, die glücklicherweise bei Exkursionen und anderen Anlässen oft die Versorgung übernimmt, weil sie es hervorragend kann, hatte gebacken. Was für ein Kuchen- lecker, locker, schokoladig und an Eierlikör als Zutat hatte sie auch nicht gespart. Marisa Kaster hatte zudem noch herrlich heißen Kaffee im Angebot, das perfekte Catering.
So gestärkt war die Arbeit gegen Mittag getan, fünf Weiden von ihrer Astlast befreit. Das sieht im ersten Moment ein bisschen komisch aus, aber die Vegetationszeit steht vor der Tür und bald werden die Bäume frisches Grün austreiben. Damit auch für die Bienen genug bleibt, schneiden wir umtriebsmäßig jährlich immer nur einige Weiden.
Bericht: Bernd Schirmeister