Die Schellente ist in Mecklenburg-Vorpommern ein regelmäßiger, aber nicht häufiger und zerstreut brütender Wasservogel. Verbreitungsschwerpunkte bestehen an der Mecklenburger Seenplatte. Auf der Insel Usedom gab es sporadisch besetzte Brutplätze an der Küste des Stettiner Haffs, am Achterwasser sowie festlandseitig am Peenestrom. Diese Ansiedlungen betrafen jedoch nur einzelne Paare und waren nicht von Dauer.
Gegenwärtig ist nur ein Brutplatz überhaupt bekannt. Dieser liegt östlich des Wolgastsees nahe der polnischen Grenze. Dieses Gebiet hat eine bemerkenswerte Entwicklung genommen. Nach Einstellung der Trinkwasserentnahme für die polnische Stadt Swinemünde aus dem Wolgastsee Anfang der 90er Jahre, stieg der beträchtlich abgesunkene Wasserspiegel des Sees wieder deutlich an. Zudem wurde ein östlich davon gelegenes großes Waldstück dauerhaft vernässt, so dass sich schnell eine artenreiche Brutvogelfauna einstellte. Durch verschiedene Veränderungen im Gebiet (Absterben von Erlen und Weidengebüschen, Aufwuchs von Schilf und Rohrkolben) unterliegt diese Vogelgemeinschaft ebenfalls einem stetigen Wandel. So brütete der Zwergtaucher 2016 mit sieben Paaren, 2018 mit vier und 2019 mit drei Paaren. Kraniche brüteten von einstmals drei Paaren 2016 noch ein Paar. Für diese Art fehlt es zunehmend an Deckungsmöglichkeiten. Andere Arten nehmen durch die Ausbreitung von Wasserpflanzen zu, wie die Blässralle, die 2018 mit vier Paaren brütete und 2019 mit sechs Paaren. Weitere Brutvögel in den letzten Jahren waren Stock- und Schnatterente (3- 4 Paare), Krickente (1 Paar), Graugans (1-3 Paare), Höckerschwan (1-2 Paare), Teichralle (1-2 Paare), Wasserralle (1 Paar), Waldwasserläufer (1 Paar) sowie Eisvogel (1-2 Paare), in der Umgebung Seeadler, Mäusebussard und Kolkrabe. Und die Schellente.
Bei den zwei landesweiten Brutvogelkartierungen, die in den 1990er und 2000er Jahren durchgeführt wurden, konnte sie dort noch nicht angetroffen werden. 2016 und 2017 wurde erstmals je ein Junge führendes Weibchen (4 bzw. 5 juv.) beobachtet. 2018 waren es schon vier Paare, von denen später ein Weibchen sieben Junge führte.
Schellenten sind Höhlenbrüter. Sie nutzen Naturhöhlen, wie 2018, als ein Weibchen aus einer großen Birke abfliegend beobachtet wurde. Im angrenzenden ausgedehnten Altbuchenwald gibt es aber auch Schwarzspechte, die als Höhlenbauer eine wichtige Bedeutung für die Bereitstellung von Wohnraum für die Schellente haben. Mitte Mai 2019 wurden sogar fünf Weibchen auf dem Gewässer angetroffen, von denen zwei bereits Junge führten (1 bzw. 4 juv.), zudem zwei weitere Paare. Später flog ein Weibchen ausdauernd durch den Buchenhochwald südlich des Wolgastsees. Immer wieder landete sie dabei kurz an vielversprechenden Stämmen mit Schadstellen, erkennbar auf der Suche nach einer geeigneten Bruthöhle, wurde aber nicht fündig. Offenbar ist das Höhlenangebot noch nicht ausreichend, so dass brutwillige Weibchen keine Nistgelegenheiten finden.
Auf einer der Arbeitsberatungen unserer Usedomer NABU-Regionalgruppe wurde das Problem besprochen und beschlossen, dieses einzige beständige und damit besondere Brutvorkommen der Schellente auf der Insel Usedom durch das Anbringen von Nistkästen zu unterstützen. Diese Aufgabe übernahm gleich unser Mitglied Olaf Wenzel, der Werkstattleiter in der Behindertenwerkstatt in Neuhof ist. Inzwischen sind dort fünf passende Nistkästen aus stabilem und witterungsbeständigem Holzbeton gebaut worden, von denen wir erstmal drei Kästen in dem Gebiet anbringen wollen.
Die praktischen Arbeiten sind für den Winter 2020 geplant, damit die Kästen zu Beginn der neuen Brutsaison zur Verfügung stehen. Unverzichtbar ist der Schutz vor Prädatoren, v.a. vor Baum- und Steinmarder und zunehmend auch Waschbär, die gut klettern können und sich so leicht Zugang zu den Nistkästen verschaffen können. Deshalb wurde PVC von einem Meter Breite als Rollenware gekauft, die später als Schutzmanschette um den Baum gelegt wird. Auf diese Weise werden ein Überklettern und damit das Erreichen der höher hängenden Kästen verhindert.
Zur Verwendung dieses Materials konnten wir vorliegende praktische Erfahrungen aus den Wäldern Sachsen- Anhalts nutzen, wo besonders der Waschbär großen Schaden bei baumbrütenden Greifvögeln oder auch Koloniebrütern wie Graureihern anrichten kann. Manschetten aus Kunststoff können diese hohen Brutverluste deutlich verringern, eine zwar sehr aufwändige, aber unbedingt notwendige Horstschutzmaßnahme. Wichtig ist ebenso die Auswahl geeigneter Bäume für die Nistkästen. Sie sollten in der Nähe des Brutgewässers stehen, damit die Schellenten sie auch gut finden können. Zudem müssen die Bäume dick genug sein, um das nicht unbeträchtliche Gewicht des Kastens tragen zu können sowie möglichst einzeln stehen. Damit wird weitestgehend verhindert, dass sich kletternde Prädatoren von oben Zugang zum Brutbaum verschaffen können.
Während der Brutzeit im Frühjahr wird es Kontrollen der angebrachten Nistkästen durch Mitglieder der NABU- Regionalgruppe geben, um die Besetzung der Kästen, aber auch den Bruterfolg kontrollieren zu können. Bei entsprechend guter Annahme der Kästen durch die Schellenten besteht die Möglichkeit, später ein oder zwei weitere Nisthilfen anzubringen, um die Population weiter zu unterstützen.
Am 25.01. fanden dann die praktischen Arbeiten vor Ort statt. Das Wetter passte, zwar grau und trüb, aber trocken und frostfrei. Die Mannschaft passte auch, Winfried Becker und Bernd Schirmeister aus unserer NABU-Gruppe, dazu Hans-Dieter Schröder aus Ahlbeck, der in dem Gebiet regelmäßig ornithologisch aktiv ist, sowie Dachdeckermeister Frank Segebrecht aus Ahlbeck, der von der Aktion erfahren hatte und mithelfen wollte. Letzterer erwies sich bereits bei den vorbereitenden Absprachen als Glücksgriff, da Frank durch seine Firma über das entsprechende Equipment verfügt, von Fahrzeug mit Dachträger, über Leitern, alle möglichen Akkuschrauber, Akkuflex, Akkukreissäge usw. Alle diese Dinge erwiesen sich dann draußen beim Anbringen der Kästen als enorm wichtig und nützlich, sparten eine Menge Handarbeit sowie Zeit und erleichterten die Arbeiten wesentlich. Drei passende Bäume (Erle, Eiche, Buche) hatte der Unterzeichner schon bei einem Weihnachtsspaziergang ausgewählt. Sie sollten in Gewässernähe stehen, damit das Weibchen das schützende Wasser mit den noch kleinen und flugunfähigen Jungvögeln schnell erreichen kann, denn Schellenten sind Nestflüchter. Sie springen kurze Zeit nach dem Schlupf aus den Höhle und folgen ihrer Mutter zu Fuß. Der erste Baum für einen Nistkasten stand am Ostende des Wolgastsees. Schnell zwei Leitern abgeladen und angelehnt, Technik einsatzbereit gemacht und schon summten die Akkus los. Passt. Auf den Boden des Kastens wurde ein wenig Naturmaterial (trockenes Gras und Farnkraut) gelegt, denn die Ente polstert später nur mit ein paar Daunenfedern aus und dafür ist der Kastenboden doch ziemlich hart, anders als bei einer Naturhöhle. Nun wurde die Schürze aus PVC an den Stamm angepasst und zugeschnitten, so dass kletternde Prädatoren an der glatten Wand keinen Halt finden. Festgeschraubt, mit ein bisschen Luft zum Stamm, denn der wächst ja noch. Passt auch. So ging es auch beim zweiten Baum und beim dritten, jeweils ein paar Hundert Meter östlich. Teamarbeit und gute Technik, es machte richtig Spaß. Ein herzliches Dankeschön an alle Akteure! Nun war auch mal Zeit für einen Blick aufs Gewässer. Ein Stück entfernt schwamm eine kleine Ente mit viel Weiß im Gefieder - tatsächlich, schon ein Schellentenmännchen! Dann entdeckten wir sogar ein Paar Schellenten. Die ersten Reviere sind also schon besetzt. Hoffen wir, dass sie auch unsere Kästen entdecken und annehmen.
Bericht und Fotos: Bernd Schirmeister