Auswertung der Mittwinterzählung vom 13./14.01.2018
1. Zählgebiete, Zähler
- Datum der Zählung war der 13./14.01., überwiegend wurde am Sonnabend, den 13.01.
gezählt, so dass Doppelzählungen und Überlagerungen weitegehend ausgeschlossen werden
konnten
- einzelne meist kürzere Abschnitte (Schmollensee) wurden einen Tag vorher bzw. am
Sonntag (südöstliche Ostseeküste) gezählt, ein Ostseeküstenabschnitt auch erst eine Woche
später
- Koordinierung der Zählung wird zunehmend schwieriger, da etliche Teilnehmer älter
geworden sind und man auf persönliche Belange stärker Rücksicht nehmen muss
- insgesamt 15 Zählgebiete auf der Insel Usedom, dem angrenzenden Festland am Peenestrom
und im Peenetal, die international festgelegt sind und eine sitecode- Nummer tragen
- alle Zählgebiete wurden vollständig bearbeitet
- auf Usedom waren insgesamt 26 Mitglieder und Freunde der NABU- Regionalgruppe im
Einsatz, im nördlichen Peenestrom erhielten wir Unterstützung durch D. Sellin aus
Greifswald, die Polder Murchin und Pinnow, früher durch unsere Gruppe bearbeitet, werden
nun durch K. Vegelin und K. Paulig von der Landgesellschaft M-V gezählt
- Rückmeldung aller Daten erfolgte innerhalb von zwei Wochen, so dass die Endbearbeitung
und Auswertung zügig abgeschlossen werden konnte
- außerdem dritter (von vier) nationaler Zähltermin für Gänse, für die gesonderte Zählbögen
auszufüllen sind
2. Wetterbedingungen
- wie schon in den letzten zwei Jahren begann der Winter erneut mild und so blieb es auch
über den Jahreswechsel hinaus, alle Gewässer waren eisfrei mit oft reichhaltigem Bestand
an Wasservögeln, was in den Vorjahren durch Frostperioden jeweils zu Anfang des Jahres
nicht der Fall war
- am 07. und 08. Januar gab es dann zwei windstille Frostnächte, die zur Vereisung etlicher
Binnengewässer führten, danach erholten sich die Temperaturen nicht wieder und blieben
nach kurzzeitiger leichter Milderung im einstelligen Frostbereich
- diese Entwicklung war für einige Zähler ärgerlich, da viele Wasservögel unmittelbar vor der
Zählung zum Ausweichen und Abwandern gezwungen waren, was auch ein anderes Bild
ergibt, als wenn es beispielsweise im Vorfeld schon eine längere Frostperiode gegeben hätte
- Ostsee, Stettiner Haff, Peenestrom und Achterwasser blieben bis auf einige Randbereiche
eisfrei
- am Zählwochenende selbst herrschten keine schlechten Wetterbedingungen, die Sicht war
gut, phasenweise schien auch die Sonne, es war allerdings mit bis zu -3°C recht kalt, was
durch den frisch wehenden Südostwind noch verstärkt wurde, dadurch kam es an den
größeren Gewässern zu auch Wellenbildung, was die Erfassung deutlich erschwerte
3. Ergebnisse
- auf Grund der Vereisung mehrerer Binnenseen kam es zum Abzug vieler Wasservögel
(Gründelenten, Kiebitze, auch Silberreiher), die vorher noch in größerer Zahl anwesend
waren
- bei einigen Arten (insbesondere Stockente) kam es zu ausgeprägter Winterflucht, da auch
weiter östlich Gewässer zufroren
- auf die grauen Gänse wirkte sich die Wettersituation bis zur Zählung hingegen nicht negativ
aus
- es war jedoch kein Gebiet gänzlich ohne Wasservögel
- erstaunlich wenig Wasservögel gab es auf der Ostsee zu beobachten, das lag sicher nicht
am Wellenschlag, denn die Sichtbedingungen waren nicht schlecht, vielleicht hatte der Wind
jedoch auch hier für stärkeren Abzug gesorgt, denn in den Wochen vorher ließen sich viele
Wasservögel auf den küstennahen Bereichen der Ostsee beobachten, auf jeden Fall gab es
kein kurzfristiges Ausweichen der Wasservögel von den zugefrorenen Gewässern auf die
Ostsee
- Interpretation der Ergebnisse muss immer vorsichtig erfolgen, eine zu kleinräumige und
nur regionale Sicht verstellt den Blick für die großräumigen Zusammenhänge, in denen
Vogelzug abläuft
- Jahr 2016 2017 2018
Gesamtzahl 25656 47706 53500
(Eiswinter) (Eiswinter) (Mildwinter)
Damit sehr hohe Gesamtzahl. Über 50000 Wasservögel werden nicht so oft gezählt, letztmalig 2015 mit 58338 Ind.
Artenzahl 41 48 47
Ebenfalls sehr hoher Wert, wobei bei wenigen Arten große Anzahlen erreicht wurden, während viele Arten nur in kleinen Mengen vorkamen.
- Schwerpunktgebiete
Kein Gebiet wies Konzentrationen von über 10000 Wasservögeln auf, wie sie bei vergangenen Zählungen immer wieder erreicht wurden.
Peenestrom Mitte 8998 Ind.
Ostsee Ahlbeck- Kölpinsee 7486 Ind.
Achterwasser Süd 6436 Ind.
Peen. Haken 6008 Ind.
Aber auch Peenestrom Süd fast 6000 Ind., Peenestrom Nord und Achterwasser Nord je fast 5000 Ind. Dadurch sind viele Gebiete hinsichtlich der absoluten Zahlen ähnlich, wenngleich sich das Artenspektrum natürlich unterschiedlich zusammensetzt.
Kein Gebiet war völlig ohne Wasservögel, auch wenn durch den Frost zu Wochenanfang einige Binnenseen und auch die Peenepolder zugefroren waren.
- häufigste Arten
2016 2017 2018
Stockente 4127 5297 11904
Sehr hoher Wert, durch die beginnende Vereisung der Gewässer ausgeprägte Winterflucht mit
intensivem Zug entlang der Außenküste nach NW und hohen Rastzahlen in einigen Gebieten, die dort vorher nicht zu beobachten waren.
Bergente 767 621 8365
Keine reale Zunahme, sondern hoher Rastbestand am Peenemünder Haken, bereits seit Oktober (max. 65500 Ind.) anwesend, wechselt aber die Nahrungs- und Einstandsgebiete.
Kormoran 1737 3976 4958
Interessante Entwicklung, nach mehreren Eiswintern mit hohen Verlusten nahm die Zugneigung eindeutig zu, während jetzt nach einer Folge milderer Winter die Tendenz zur Überwinterung sich wieder verstärkt. Teilweise spektakuläre Nahrungssuche.
- häufige Arten
2016 2017 2018
Graugans 1727 3923 4478
Inzwischen schon fast Normalität, in diesem Jahr allerdings nochmals gestiegener Winterbestand.
Blässgans 1188 2395 3396
Bei den Gänsen gab es teilweise intensive Wanderbewegungen um das Zählwochenende. Z. B. war das Thurbruch gänsefrei, während in der Vorwoche noch über 3500 Ind. gerastet hatten. In anderen Regionen kam es auch zu Winterfluchten. Die Masse blieb aber.
Gänsesäger 1456 6640 3060
Erstaunlich wenig, entweder hielten sich viel G. noch weiter östlich auf, Winterflucht wie im vorigen Jahr wurde jedenfalls nicht beobachtet, kann aber auch unbemerkt schon ein paar Tage vorher stattgefunden haben.
- deutlich mehr Vögel
Reiherente 959 705 4267
Muscheln fressende Art, rastet v. a. an den inneren Küstengewässern (Peenestrom).
Weißwangengans 181 709 1177
Seit Jahren steigender Winterbestand, vor dem Frost allein um Wolgast – Lassan 2500 Ind.,
oft mit anderen Gänsearten vergesellschaftet
Singschwan 401 224 804
Ebenfalls auffallende Winterfluchtbewegungen um das Zählwochenende, sowohl an der
Außenküste als auch binnenseits.
Höckerschwan 502 311 647
Ähnlich wie beim Singschwan.
Zwergsäger 247 297 587
Hohe Rastzahl ist schwer zu interpretieren.
Seeadler 68 60 143
Enorm hohe Zahl, schon vorsichtig erfasst, hohe Konzentrationen an Peenestrom und Achterwasser, sehr gute Nahrungsgrundlage, hoher Anteil beringter Ind. mit weitem Einzugsbereich
- gute Übereinstimmung
Mantelmöwe
114 165 198
Jährliche Rastgröße entspricht dem wohl üblichen Winterbestand.
Silbermöwe 786 1854 1535
Übliche Rastgröße, aber auch witterungsabhängig. Aufenthalt auch an den inneren Küstengewässern.
- deutlich weniger Vögel
Haubentaucher 2026 1874 487
Auffallend niedrige Rastzahl, v. a. auf der Ostsee, auch wenn die Erfassbarkeit an den Küstengewässern durch den starken SO- Wind erschwert war, ist das trotzdem sehr wenig.
Schellente 1524 4530 1350
Ähnlich wie beim Gänsesäger.
Blässralle 181 1575 774
Art ist kälteempfindlich und braucht offene Gewässer, Konzentration auf dem Peenestrom.
- Besonderheiten
Wie auch schon 2017 gab es erneut eine Reihe von Arten, die in Auftreten und Zahl etwas Besonderes darstellen.
Silberreiher: 56, inzwischen in M-V nach Hunderten zählender Winterbestand, für den östlichen Landesteil hohe Rastzahl.
Gründelenten. Aus dieser Artengruppe ist im Winter nur die Stockente präsent. Durch die milde Witterung waren aber v. a. in den Poldern des Peenetals vor der Zählung auch Schnatter-, Pfeif-, Spieß und Krickenten anwesend, teils noch in größeren Trupps. Durch die Vereisung wanderten viele ab, trotzdem gab es noch einige Beobachtungen an verschiedenen Stellen. Manche wanderten auch in den großen Stockententrupps bei der Winterflucht mit.
Kranich: 80, neue Höchstzahl, im Land einige tausend Überwinterer, teilweise kleine Trupps, teilweise auch noch Winterflucht, aber auch schon viele Paare in den Revieren.
Kiebitz: 85, mehrere kleine Trupps an verschiedenen Stellen, kurzfristige Winterflucht, in der Vorwoche z. B. noch fast 1000 um Lassan.
Bekassine: 2, Nur bei milder Witterung verharren einige B.
Sanderling: 25, Küstenlimicole, relativ winterhart, aber nicht alljährlich, oft in Algenmatten oder Muschelanwurf.
Steppenmöwe: 40, Konzentration im Hafen von Stagnieß bei den Kormoranen, nur unter günstigen Bedingungen gut zu bestimmen, zunehmende Beobachtungen, etliche Ind. bleiben offenbar über Monat hier, auch im Winter.
Bernd Schirmeister