Majestäten der Luft gehen auf Sendung (OZ vom 11.03.2013)

Forscherteam beobachtete per Satellitentechnik mehrere Jahre Seeadler auf Usedom. Erste Ergebnisse liegen vor.

Autor: Dietrich Butenschön, Ostsee-Zeitung (OZ)

In Deutschland gibt es kaum einen Landstrich, wo die Seeadler-Population so hoch ist wie auf der Insel Usedom. Acht Seeadler wurden jetzt per Sender beobachtet.
In Deutschland gibt es kaum einen Landstrich, wo die Seeadler-Population so hoch ist wie auf der Insel Usedom. Acht Seeadler wurden jetzt per Sender beobachtet.

 

Usedom Während die Seeadler auf Usedom das tun, was Seeadler nun mal tun, entgeht ihnen etwas, das Menschen hier schon seit vielen Jahren speziell für sie unternehmen: für den Schutz dieser immer noch bedrohten majestätischen Vögel zu sorgen. Ehrenamtliche Horstbetreuer und Beringer wie zum Beispiel Wolfgang Nehls oder Dirk Weichbrodt engagieren sich seit Jahrzehnten für diese Vögel, mit denen nicht nur wir Deutschen gern Mythen und Sagen verbinden.

Und es gibt noch andere Insulaner, für die Usedom ohne seine Adler ein ganzes Stück ärmer dran wäre, wie den Zinnowitzer Hotelier Tim Dornbusch. Der hat im Jahre 2009 ein bereits 2002 begonnenes Projekt über eine von ihm übernommene Förderung weiterfinanziert. Die ersten umfangreichen Ergebnisse wurden jetzt im Usedomer Klaus-Bahlsen-Haus, dem Sitz der Verwaltung des Naturparks Insel Usedom, vorgestellt.

Dr. Oliver Krone vom Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung hat zusammen mit einem Team von Doktoranden und Studenten als Teil der Untersuchungen acht Seeadler mit satellitengestützten Sendern versehen. Damit wurden die Wege verfolgt, die die Tiere im Jahresverlauf zurücklegten, auch Rückschlüsse auf Reviergröße und -beschaffenheit waren so möglich. Außerdem wurde das Verhältnis zwischen Jung- und Altvögeln und in diesem Zusammenhang die Auflösung von Familienverbänden erforscht, wobei allein die Studentin Sophie Desaga für ihre Bachelor-Arbeit zwei Jungadler zwei Monate lang, acht bis zehn Stunden pro Tag, intensiv beobachtete. Ihre Untersuchungsergebnisse und auch die ihrer Kommilitoninnen Susanne Jähnig und Carolin Weh werden zusammen mit den Forschungsresultaten Krones nun als ein erster Schritt in einem Dokument zusammengefasst.

Das soll sowohl den ehrenamtlichen Adlerschützern als auch allen, denen der Erhalt der Adlerpopulation auf Usedom am Herzen liegt, als Argumentations- und Handlungshilfe übergeben werden.

Krone verwies zum Beispiel darauf, dass im Verlauf der Forschungen immer stärker bestätigt wurde, dass die Vögel für eine sichere Zukunft auf Usedom weitgehend vom Menschen ungestörte Flachwasser- und Uferbereiche benötigen. Deutlich sei geworden, dass die Adler Deichkronen und in diesen Bereichen stehende abgestorbene Bäume als Aussichts- und Ruhepunkte nutzen.

Daraus folge, dass gerade solche Bereiche mit größter Sensibilität vom Menschen genutzt werden sollten. Schließlich habe man besonders bei Jungadlern, die bei der Nahrungssuche noch über geringere Erfahrungen verfügen, eine Vorliebe für Reste von geschossenem Wild festgestellt. Das wiederum, so Krone, habe in zahlreichen Fällen zur Vergiftung durch Blei aus der Jagdmunition geführt.

Für Tim Dornbusch sind die bis jetzt vorliegenden Resultate der Forschungen des Leibniz-Instituts „ein scharfes Instrument, das wir nutzen sollten, um auf bestimmte Raumordnungsverfahren Einfluss zu nehmen, auch um einen wirksameren Schutz dieser schönen und für unsere Küste so typischen Vögel zu erreichen.“ Der Hotelier hat seine Bereitschaft, einen eigenen Beitrag dazu zu leisten, erst im vergangenen Jahr dadurch unterstrichen, dass er den Vertrag mit dem Leibniz-Institut um drei Jahre verlängert hat.


Der Seeadler

Der Seeadler (haliaeetis albicilla) ist in Deutschland mit etwa 720 Brutpaaren vertreten. Er kann eine Körperlänge von fast einem Meter erreichen, die Flügelspannweite beträgt bis zu zweieinhalb Meter.

Weibchen werden mit einem Gewicht von maximal rund sieben Kilogramm deutlich schwerer als Männchen, die es gerademal auf bis zu fünfeinhalb Kilogramm bringen.

Erwachsene Seeadler sind bei uns Standvögel und bleiben das ganze Jahr über in ihrem Revier. Nur Jung- und revierlose Alttiere unternehmen ständig längere Streifzüge.


Dietrich Butenschön