Bernd Schirmeister hatte vor einigen Jahren am Wolgastsee weibliche Schellenten dabei beobachtet, wie sie offensichtlich auf der Suche nach Nistmöglichkeiten, wie z.b. verlassene Höhlen von Schwarzspechten, waren. Er schlug vor, den Schellenten durch den Anbau von Nistkästen zu helfen. Es gab damals hinter dem Wolgastsee noch umfangreiche, von uns Grenzsee getaufte, Wasserflächen, auf denen Höckerschwan, Schellenten, Blässhühner und Zwergtaucher erfolgreich ihre Jungen aufzogen.
Im Herbst 2019 wurde Bernds Vorschlag in die Tat umgesetzt, wir brachten am Wolgastsee und am Grenzsee mehrere Nistkästen an. Im ersten Jahr brütete darin zwar "nur" eine Bachstelze, im darauffolgenden Jahr wurden die beiden Kästen am Grenzsee nacheinander von drei Schellenten zum Brüten genutzt, deren umfangreichen Nachwuchs wir dann auf dem Grenzsee schwimmend beobachten konnten. Zu dieser Zeit regte ich bei der unteren Naturschutzbehörde an, diese Wasserflächen zum Naturschutzgebiet zu erklären - ein Wunsch, der leider unerfüllt blieb. Es hätte so schön sein können, aber das Schicksal und die Gier der Menschen meinte es nicht gut mit diesem kleinen Paradies.
Zunächst hielt ich die zunehmende Austrocknung des Grenzsees für eine Folge der Dürrejahre. Doch selbst 2024, nach einem regenreichen Jahr, blieb der Grenzsee trocken. Im Frühjahr gab es noch ein paar vereinzelte Tümpel, jetzt im Herbst ist die gesamte Fläche des ehemaligen Grenzsees trocken. Auf den beiden oberen Fotos ist der dramatische Unterschied zwischen 2020 und 2024 deutlich zu erkennen: Wo einst Wasserflächen des Grenzsees Lebensraum für viele Vogelarten boten, ist heute nur noch trockener Boden übrig. Diese Entwicklung verdeutlicht die Auswirkungen des sinkenden Wasserspiegels in der Region. Die bittere Erkenntnis: Das Brutrevier der Wasservögel gibt es nicht mehr und damit hatten die Nistkästen dort ihren Sinn verloren.
Deshalb beschlossen Bernd und ich schweren Herzens, die Nistkästen vom Grenzsee wieder abzubauen und diese an den Wolgastsee zu verbringen. Diesen Umbau haben wir nun im November 2024 in Angriff genommen.
Die Demontage erwies sich schwieriger als gedacht. Da wir die Kästen an lebende Bäume angebaut hatten, waren die Befestigungschrauben eingewachsen und ließen sich nur sehr schwer lösen. Daraus lernten wir, die Schrauben nicht ganz so fest anzuziehen und in gewissen Abständen zu kontrollieren und ggf. wieder zu lockern.
Jetzt haben beide Kästen einen neuen Platz am Wolgastsee gefunden und bieten den Schellenten einen sicheren Nistplatz. Während unserer Arbeiten konnten wir auf dem Wolgastsee dort rastende Zugvögel beobachten. So sahen wir eine große Gruppe von etwa dreihundert Tafelenten, mehrere Gänsesäger, eine weitere Gruppe von Krickenten und auch eine Familie Singschwäne mit ihren drei Jungen rastete kurz auf dem See. Das Revierpaar der Höckerschwäne verteidigte ihr Territorium gegen fremde Artgenossen, duldete diese dann auf dem entsprechenden Abstand. Was man nicht so alles "nebenbei" beobachten kann!
Freud und Leid des Naturschützers liegen so dicht beieinander - denn leider ist nicht nur der Grenzsee, sondern auch der Wolgastsee zunehmend von der Austrocknung betroffen. Dessen Wasserspiegel ist ebenfalls in den letzten Jahren über einen Meter gefallen. Wer das nicht glaubt, kann sich am Bootsverleih anschauen, wo noch vor ein Paar Jahren die Stege befestigt waren und wo sie heute sind. Die alten Borlöcher sind an den Pfosten noch gut zu erkennen.
Es ist davon auszugehen, dass der hohe Trinkwasserverbrauch der Hotels in Swinemünde für diese Verluste mitverantwortlich ist. Ohne ein Umdenken und nachhaltige Lösungen droht auch der Wolgastsee dauerhaft zu verschwinden.
Die Geschichte von Wolgast- und Grenzsee zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, Verantwortung für unsere natürlichen Lebensräume zu übernehmen.
Bericht und Fotos: Winfried Becker