Nein, es wurden keine Bäume gepflanzt, sondern sogar welche gefällt und etwas zweckentfremdet verwendet. Doch der Reihe nach.
Am 09. März 2024 stand der nächste Arbeitseinsatz der Usedomer NABU-Regionalgruppe an. Doch wir waren nicht allein, denn allein wären die heutigen Aufgaben schwerlich zu bewältigen gewesen.
Unterstützung bekamen wir von der Unteren Naturschutzbehörde, die den Einsatz auch organisiert hatte sowie den Mitarbeitern des Naturparks Usedom. Wichtigster Partner aber war der THW Ortsverband Wolgast.
Ziel war es, an der Grenze des Naturschutzgebietes Peenemünder Haken im Flachwasser neue Pricken zu setzen sowie am Strand Eichenspaltpfähle einzuspülen und den beschädigten Zaun zu erneuern.
Der Peenemünder Haken steht seit 1925 unter Naturschutz und ist damit das älteste Schutzgebiet in Pommern. Und das nicht von ungefähr. Einen solchen Strand gibt es nirgendwo weiter auf der Insel Usedom. Schilf, Strandastern und weitere ungewöhnliche Pflanzen stehen am Strand. Durch die nahe gelegene Mündung des Peenestroms ist das eigentlich salzige Wasser stärker ausgesüßt, so dass diese Vegetation hier gute Wachstumsbedingungen vorfindet.
Noch wertvollere Lebensräume sind aber die angrenzenden Küstenzonen. Bei ablandigem Wind fallen die ohnehin flachen Wasserbereiche weithin trocken. Es entstehen teils große Sandbänke und Lagunen, Lebensraum für eine artenreiche Vogelwelt. Fluss- und Sandregenpfeifer brüten hier, aber der Prädatorendruck durch Füchse und anderes Raubwild ist groß.
Die wichtigste Bedeutung des Gebietes für die Vogelwelt besteht jedoch während der Zugzeiten im Frühjahr, Sommer und Herbst. Hunderte und tausende von Wasservögeln machen hier Rast, erholen sich von den Anstrengungen des langen Zuges und können sich durch das reichhaltige Nahrungsangebot neue Fettreserven für den Weiterflug zulegen.
Besonders Limikolen (Watvögel) finden in vielen Arten auf den Sandbänken Nahrung. Mit ihren teils sehr langen Schnäbeln stochern sie im weichen Sand und Schlick nach Muscheln, Wattwürmern und Schnecken. Bekannte Vertreter sind Brachvögel, Austernfischer, Alpenstrandläufer und Sanderlinge.
In den flachen Lagunen rasten Gründelenten wie Stock-, Pfeif- und Krickenten, die dort Wasserpflanzen und Muscheln aufnehmen. Im tieferen Wasser sind es Tauchenten wie Berg- und Schellenten, die ihre Nahrung tauchend erbeuten, vor allem Muscheln. Noch tiefer tauchen Meeresenten wie Trauer- und Eisenten, die sich ebenfalls von Muscheln ernähren, im Frühling aber auch Heringslaich aufnehmen. Dazu kommen Kormorane, Seetaucher wie der Sterntaucher, Lappentaucher wie Hauben- und Ohrentaucher, die vor allem vom Fischreichtum der Peenemündung profitieren. Hinzu kommen Möwen und je nach Jahreszeit auch Seeschwalben, die in großer Zahl auf den Sandbänken rasten und im Flachwasser Fische erbeuten.
Neben Nahrung brauchen diese Vogelmassen vor allem ungestörte Bereiche zum Ruhen und Rasten, teils auch zum Mausern. Das war der Grund für die frühzeitige Unterschutzstellung. Nach jahrzehntelanger militärischer Nutzung und Unzugänglichkeit ist es nun leider notwendig, das Gebiet im Interesse der dort lebenden Tiere entsprechend zu schützen, denn irgendwelche Alternativen gibt es auf Grund der Einmaligkeit des Lebensraumes auf Usedom für diese Arten nicht. Auf der Insel sind 40 km Strand frei zugänglich. Das sollte für Freizeitaktivitäten aller Art reichen, so dass die letzten zwei Kilometer der Tierwelt vorbehalten bleiben sollten.
Für diese Aufgabe hatten wir uns heute am Peenemünder Haken verabredet.
Es genügt leider nicht, Wanderer und Badegäste durch Hinweisschilder auf die Bedeutung für die Vogelwelt und das Betretungsverbot aufmerksam zu machen. Häufig werden diese ignoriert.
So hatten wir bereits 2021 eine Prickenreihe an der östlichen Grenze des NSG im Flachwasser eingesetzt. Pricken sind eher von der Nordsee bekannt. Dort dienen sie dazu, das Fahrwasser für die Schifffahrt zu kennzeichnen. Pricken sind dünnere Baumstämme von 12- 15 cm Durchmesser und ca. 5 m Länge. Durch ihren geringen Durchmesser sind sie erstaunlich widerstandfähig gegen Wind, Wellen und Strömung. Nun aber waren etliche der Pricken abgebrochen, noch sichtbar als Markierung, aber unansehnlich. Die neuen Bäume wurden gleich vor Ort geworben.
Eingraben kann man die Bäume im Wasser nicht, weil die Strömung jeden Spatenstich gleich wieder zuspült. Also hatten wir eine Wasserlanze, erdacht und gebaut von unserem Mitglied Thomas Eschenauer. Doch für deren Einsatz braucht man Technik.
Bereits 2021 hatte diese Arbeit zuverlässig das THW Wolgast durchgeführt. Auch für diesen Einsatz standen die Ehrenamtler um ihren stellvertretenden Ortsbeauftragten Carsten Freitag dankenswerterweise erneut zur Verfügung. Das Equipment ließ keine Wünsche offen, umfangreich, aber notwendig: Jeep mit Allradantrieb, Bootstrailer, Schlauchboot, Dieselaggregat, Pumpe, entsprechend lange Schläuche, Wathosen.
Das Schlauchboot wurde zu Wasser gelassen. Carsten Freitag wies seine Leute ein, so dass sie später über Stunden selbstständig arbeiten konnten. Fahren konnte das Boot im flachen Wasser nicht, aber Aggregat und Pumpe wurden vor der Küste gebraucht und im Boot transportiert. Nun kam noch ein großer Radlader am Strand entlanggefahren, der die Eichenspaltpfähle brachte, die später am Strand eingespült wurden. Und Manpower, reichlich junge Leute, Arbeitskräfte ebenso ehrenamtlich tätig wie wir NABU’s.
Das THW hatte an diesem Tag aber noch mehr vor. 2019 hatte es im Küstenwald bei Karlshagen einen Waldbrand gegeben, der nur schwer gelöscht werden konnte. Es fehlte an Löschwasser. Deshalb wurde nun probiert und geübt, eine Löschwasserleitung vom Parkplatz Kiehnheide an die Ostsee zu legen, um für ähnliche Notfälle ausreichend Wasser zur Verfügung zu haben.
Auch an Land gab es genug zu tun. Uneinsichtige Zeitgenossen hatten den am Strand befindlichen Zaun schwer beschädigt. Die Eichenpfähle halten stand, aber der Spanndraht musste komplett ersetzt werden, eine Aufgabe, die mit Hammer, Zangen, Krampen und in Gummistiefeln gut zu erledigen war.
Mit Hilfe der Spüllanze wurde nun auch Pricke für Pricke bearbeitet, zuerst die Reste der alten raus, dann die neue eingespült. Die Kiefern trugen oben noch frisches Grün, so dass es aussah, als wenn sie dort gewachsen wären, ein Anblick, der sicher eine Weile lang noch unkundige Besucher erstaunen wird.
Damit niemand unkundig und versehentlich ins NSG läuft, wurde auch die Beschilderung an der Grenze des NSG erneuert, in der Hoffnung, dass das notwendige Betretungsverbot im Interesse der Tierwelt in Zukunft besser respektiert und akzeptiert wird.
Ein großes Dankeschön an alle freiwilligen Helfer, insbesondere aber an die Kollegen des THW, ohne deren fleißige Hilfe die Aufgabe nicht machbar gewesen wäre.
Bericht und Fotos: Bernd Schirmeister
Weitere Informationen zur Arbeit des THWs: https://www.thw-wolgast.de/