Kopfweidenpflege am Herrendamm

08. Februar 2025

Kopfweidenpflege auf der Insel Usedom
Sommerhaarschnitt für die Kopfweide / ©Ute Gellendin

Begrüßt wurden wir in den weitläufigen Wiesen der Niederung am Achterwasser zwischen Stagnieß und Pudagla von nordischen Gänsen.

Oh sind das viele, meinte Helga beeindruckt. Ca. 1200 Bläss- und Weißwangengänse, überwiegend letztere Art. Ja, sie hatte recht. Dazu noch etwas 50 Graugänse, schon überwiegend paarweise, denn die Brutzeit ist nicht mehr weit. Und natürlich die üblichen Seeadler, die für Unruhe unter den Gänsen sorgten.

 

In den dichten Hecken längs des Herrendammes hielten sich zahlreiche Amseln und Wacholderdrosseln auf, angelockt von Weißdorn- und Schlehenfrüchten.

 

Am Spätnachmittag, beim vorletzten Weidenholztransport, standen plötzlich sieben Singschwäne im Grünland, rastende Durchzügler auf dem Weg ins Baltikum. Und dazu überraschenderweise ca. 30 Silberreiher, von denen am Tage nichts zu sehen war. Als ich mit meiner Frau kurz vor Sonnenuntergang zur letzten Transportfahrt wieder zum Herrendamm kam, sagte ich: Wetten, dass die Silberreiher weg sind. Und tatsächlich, Abflug zum Schlafplatz. Sie schlafen nicht im Schilf und auch nicht im Grünland, sondern bevorzugen dazu Bäume. Das gibt sichereren Schutz vor Boden- und Luftfeinden und rechtzeitige Fluchtmöglichkeiten. Am Schmollensee oder auch im galerieartig wachsenden Erlenbestand an der Pudaglaer Bäck gibt es dafür genug Möglichkeiten.

 

Aber darüber sollte ich ja gar nicht schreiben. Es ging vielmehr um den Arbeitseinsatz der NABU-Gruppe: Kopfweidenpflege am Herrendamm.

 

Also trafen wir uns am Sonnabend, den 08.02.25 um 08.30 Uhr auf dem Parkplatz am Forstamt Neu Pudagla. Elf NABU-Mitglieder und Freunde nahmen an der Aktion teil: Christiane Beck, Helga Conrad, Ute Gellendin, Marisa Kaster, Viola Richter, Sabine Weigler, Cornelius Friedrich, Alfred und Harald Jürgens, Karl-Heinz Loist und der Verfasser. Ausgerüstet waren wir mit Motorsägen, Leitern, Astscheren, Äxten und weiterem Equipment.

 

 

Als wir vor Ort ankamen, stand dort bereits ein Transporter einer Flechtfirma aus Wolgast, die bereits ein Anzahl dünner Weidenruten, von Bäumen, die wir vor zwei Jahren geköpft hatten,  für ihr Handwerk geschnitten hatten. Sie stellten dann allerdings fest, dass es sich um Bruchweiden handelte, die, der Namen sagt es, zum Flechten ungeeignet sind. Und die Salweiden hatten schon aufbrechende Kätzchen, so dass es ohnehin Zeit für den Arbeitseinsatz wurde.

 

Kopfweiden waren früher charakteristische Elemente der bäuerlichen Kulturlandschaft. Die Ruten und Äste fanden Verwendung für vielerlei Flechterzeugnisse und auch als Brennholz. Sie wachsen schnell wieder nach, stellen also eine nachhaltige Nutzung der Bäume dar.

 

Durch das Stutzen und wiederholte Nachwachsen bilden sich im Laufe der Jahrzehnte die charakteristischen dicken und ausladenden Köpfe mit Plattformen, Spalten und Höhlen, Biotop für zahlreiche Tierarten.

Kopfweidenpflege auf der Insel Usedom
Kopfweide noch unbeschnitten / ©Ute Gellendin

Da es heute kaum noch entsprechende Verwendung für Weidenprodukte gibt, wurden die Bäume nicht mehr gepflegt. Die zahlreich ausgetriebenen Äste werden im Laufe der Jahre immer höher und schwerer. Das führt schließlich dazu, dass die Weide unter ihrem eigenen Gewicht zusammenbricht und oft abstirbt.

 

 

Am Herrendamm haben der leider vor zwei Jahren verstorbene Klaus Behn sowie Karl- Heinz Loist über viele Jahre immer wieder verschiedene Weidenarten gepflanzt. Denn die früh im Jahr blühenden Weiden sind mit ihrer massenhaften Blütenpracht eine wichtige Bienenweide im zeitigen Frühjahr, was die Bienen als Nahrungsquelle, aber auch Klaus als Imker zu schätzen wussten.

 

Darüber hinaus wurden am Herrendamm auch viele Wildobstgehölze gepflanzt, die mit ihren zahlreichen Blüten und dem lange währenden Blütenflor den Bienen ebenfalls eine sichere Nahrungsquelle bieten. Schlehen, Wildrosen und Weißdorn runden das Insektenparadies ab.

 

Ein wichtiger Aspekt des Baumschutzes am Herrendamm ist der Schutz der Bäume vor Bibern, die in den wegbegleitenden Gräben leben und durch ihre Fälltätigkeit den Pflanzungen Schaden zufügen. So haben wir im vorigen Jahr alle gefährdeten Bäume mit Zäunen aus Drahtgeflecht ummantelt.

Nun aber wieder Kopfweidenpflege. Bald übertönten die Motorsägen das Geschnatter der Gänse. Zentnerschwere Äste sausten krachend zu Boden. Da war auch der Arbeitsschutz wesentlich, was ebenso für das Hantieren mit Motorsäge, Äxten usw. galt. Augen auf und auch auf den Nachbarn geachtet.

 

Die Köpfe der Weiden sind inzwischen schon so ausladend, dass man nach Wegschneiden der ersten stärkeren Äste beim Sägen gut auf den Köpfen stehen kann, was die Arbeit erheblich erleichtert. Leider war wie meistens bei diesem Einsatz wieder Ostwind, so dass einem die Sägespäne überall hin prasselten, vor allem in die Augen. Beim nächsten Mal wird eine Schutzbrille aufgesetzt.

 

Die abgesägten Äste wurden nun vom Bodenpersonal zerteilt und von Zweigen befreit. Diese ließen sich gut als Totholzhaufen am Wegesrand aufschichten, ebenfalls wieder Lebensraum für zahlreiche Tierarten. Das Material wird nach und nach verrotten, aber dann steht sicher wieder der nächste Einsatz an. 

Kopfweidenpflege auf der Insel Usedom
Di ersten Äste sind geschnitten / ©Ute Gellendin

Die dickeren Äste wurden auf der anderen Seite des Weges für den Abtransport aufgestapelt, denn Brennholznutzung, z. B. für den heimischen Kamin, findet heute angesichts hoher Heizkosten auch wieder zunehmendes Interesse.

 

Bis 12.30 Uhr hatten wir sieben Weiden zurückgeschnitten. In der nun zum Vorschein kommenden Sonne glänzten die frischen Köpfe und zeugten von unserer erfolgreichen Arbeit.

 

Also Feierabend. Alles sah wieder schick aus, die frisch geschnittenen Weiden, die sauber aufgeschichteten Totoholzhaufen und der ordentlich geharkte Fahrweg.

 

Nur der Abtransport der geschlagenen Holzmengen zog sich noch bis Sonntagmittag hin.

Bericht: Bernd Schirmeister